Zusatzbeiträge in der GKV

26. Januar 2010 in GKV

Ein Gespräch mit Thorulf Müller, Geschäftsführer der KVProfi Office GmbH und Inhaber derKVProfi Consulting Thorulf Müller http://www.derKVProfi.de/

Thomas Kliem: Einige Krankenkassen haben jetzt die Karten auf den Tisch gelegt und Zusatzbeiträge angekündigt. Warum ist dieser Schritt nötig?

Thorulf Müller: Wer es nicht kapiert – hier noch mal ganz langsam – die Beiträge steigen, weil die Ausgaben steigen – und wer jammert – die Menschen, die die Kosten verursachen! Das sind Fehlentwicklungen, weil man die Beiträge künstlich gesenkt hat und damit den Menschen suggerierte, dass Krankheit nichts kostet! Tut sie ja auch nicht, wenn man die nicht behandelt!

Thomas Kliem: Welche weiteren Fehlentwicklungen gibt es aus Deiner Sicht noch?

Thorulf Müller: Die Bevölkerung altert rasant – die geburtenstarken Jahrgänge hatten bereits Bergfest und genießen die Zipperlein – zu hohe Stoffwechselwerte, Rückenschmerzen, Herz- und Kreislaufprobleme und Arthrose – da ist auch der erste Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht mehr weit!! Bei meinem Jahrgang ist das Problem die hohe Zahl potentiell Betroffener, das Anspruchsdenken und die reale Chance diese Schicksalsschläge zu überleben!

Thomas Kliem: Welcher Möglichkeiten gibt es, um die Beiträge nachhaltig auf einem für die GKV-Mitglieder erschwinglichem Niveau zu halten?

Thorulf Müller: Die Leistungen der Kassen müssen radikal gekürzt werden – weg mit Yoga und Nordic Walking, weg mit Bonus- und Wahltarifen, weg mit AU Bescheinigungen auf Kasse, weg mit Reiseimpfungen als Give Away (wer Reisen kann, kann eine Impfung auch selber zahlen), weg mit den Bratpfannen zur Kundenwerbung und den Behandlungen von Bagatellen, weg mit der freien Arztwahl, weg mit dem Werbeetat, Kasse ist Kasse und nicht „Gesundheitskasse“ oder „Unternehmen Leben“ und allem unnötigen Schnickschnack – machen wir aus den Kassen wieder Sozialkassen für bedürftige Menschen!

Thomas Kliem: Stichwort Privatisierung von Leistungen und Kopfprämie: Welche Leistungen könnten privatisiert werden und mit welchem Beitragsniveau könnte man rechnen?

Thorulf Müller: Zahnersatz, Kieferorthopädie, Zahnbehandlung, unfallbedingte und berufsbedingte Behandlungskosten und Krankengeld kann man als erstes privatisieren! Damit sind wir auch diese leidigen Berufsgenossenschaften und die daran hängenden Verwaltungskosten los. Hartz IV Ämter zahlen zukünftig kostendeckende Beiträge, Arbeitsämter auch – klar steigen dann da die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung, aber wir müssen mit diesen ständigen Quersubventionierungen aufhören – man muss sehen, was wo an Geld hinfließt, weil es dort auch abfließt! Da ist dann die Kopfprämie, die mathematisch noch bei 198 Euro liegen würde, ganz schnell auf weit unter 150 Euro abgesenkt! Und dann ist auch die Subventionierung der Beiträge, für die, die es nicht selbst aufbringen können, möglich!

Thomas Kliem: Ist denn die Kopfprämie nicht unsozial und unsolidarisch?

Thorulf Müller: Nein, diese Phrase von der Sekretärin und dem Chef, die dieselben Beiträge zahlen müssten, die ist doch Quatsch! Die haben den gleichen Leistungsanspruch und zahlen auch den gleichen Beitrag – ist bei der Privathaftpflicht doch auch so! Im Gegenteil – die derzeitige Beitragsbemessungsgrenze ist unsozial, weil die Gutverdiener relativ weniger zahlen, die beitragsfreie Familienversicherung ist unsolidarisch, weil sich Kleinverdiener doch gar nicht erlauben können, dass Mutter zuhause bleibt und die direkte Steuersubvention ist beides, weil dadurch auch die Beiträge der Gutverdiener sinken!!

Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung, Teil 5

25. Januar 2010 in Pflegeversicherung

Das Feststellen der Pflegebedürftigkeit durch den MDK ist sehr vielschichtig. Es werden die Vorraussetzungen der Pflegebedürftigkeit geprüft und welche Stufe vorliegt. Gibt es Einschränkungen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens? Es wird die Art, der Umfang und die voraussichtlicher Dauer festgestellt zuzüglich geeigneter Maßnahmen, z.B. der Einsatz von Pflegediensten, von Hilfsmitteln, von ambulanten Rehabilitationsmaßnahmen und von Kuren. Bei der häuslichen Pflege bei der Beantragung von Pflegegeld wird auf die Sicherstellung durch die Pflegepersonen geachtet.

Beim MDK-Termin soll der Pflegebedürftige gut mitwirken und unterstützen. Der Pflegebedürftige ist im häuslichen Wohnbereich zu untersuchen. Wenn kein Einverständnis des Antragstellers vorliegt, kann die Pflegekasse die Leistung verweigern. Die Pflegesituation soll nicht beschönigt, aber auch nicht übertrieben werden. Falls wesentliche Fakten der Pflegesituation nicht erfragt werden, sollten eigene Angaben, auch zum Beispiel durch die Angehörigen bzw. Pflegefachkräften, gemacht werden. Informationen über den Gesundheitsstand, die behandelnden Ärzte, die Vorerkrankungen und die aktuelle Medikation sollten dem MDK gegeben werden. Wichtig sind auch die bisherigen vorhandenen Krankenberichte.

Nach Prüfung des Gutachtens vom MDK durch die Pflegekasse wird ein Bescheid zugestellt. Durch den Leistungsanspruch, den der Pflegebedürftige seit dem Tag der Antragstellung hat, erhält er nun rückwirkend die Pflegegeldzahlung bzw. kann der ambulante Pflegedienst oder das Pflegeheim die Sachleistungen geltend machen. Im Falle des Bezuges von Pflegegeld wird dieses dann zukünftig im Voraus gezahlt.

Beim Bezug von Pflegegeldern ist noch zu beachten, dass Beratungsbesuche durch zugelassene Pflegedienste notwendig werden. Diese finden bei den Pflegestufen 1 und 2 mindestens einmal in 6 Monaten statt, in der Regel zum 30.06. und zum 31.12. eines Kalenderjahres und bei der Pflegestufe 3 alle 3 Monate. Dort wird vor Ort beim häuslichen Termin geprüft, ob die Pflege durch die Pflegeperson sichergestellt ist und die Höhe der Pflegestufe aktuell ist. Falls nicht, wird der Pflegedienst tätig und unterstützt hier bei der Beantragung einer höheren Pflegestufe. Auch erhalten die Angehörigen Tipps und Hilfen zur Pflege. Der Pflegedienst prüft auch, ob Pflegehilfsmittel oder Maßnahmen der Wohnraumanpassung benötigt werden. Per Formular erhält die Pflegekasse einen Kurzbericht über den Beratungsbesuch. Somit wird die Leistung weiter bewilligt. Falls der Bericht negativ ausfällt, das heißt, dass die aktuelle Pflegestufe zu hoch ist oder der Pflegebedürftige nicht ordnungsgemäß versorgt wird, kann die Zahlung des Pflegegeldes eingestellt werden und es wird ein Gutachter beauftragt, der sich die Pflegesituation vor Ort noch einmal aktuell ansieht. Die Zahlung des Pflegegeldes wird auch vorübergehend eingestellt, wenn der Pflegebedürftige keinen Beratungsbesuch durchführen lässt.

Sollte jedoch die Pflegekasse zu der Entscheidung kommen, den Antrag auf Pflegeeinstufung abzulehnen, gibt es zwei Wege. Der erste Weg ist der Widerspruch. Die Beurteilung der Pflegestufe ist ein Verwaltungsakt. Der negative Bescheid der Pflegekasse beinhaltet eine Rechtsmittelbelehrung. Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs beträgt ein Monat, bzw. natürlich immer so schnell wie möglich. Gleichzeitig sollte bei der Pflegekasse das Gutachten des MDK angefordert werden zuzüglich einer detaillierten Begründung der Ablehnung. Es ist zu prüfen, ob es Unstimmigkeiten im Gutachten gibt. Es kommt dann noch einmal ein Gutachter vom MDK, das ist in den meisten Fällen ein anderer Prüfer. Laut Statistik gehen 41 % der Fälle der Widerspruchsgutachten positiv aus.

 

Als zweiten Weg gibt es den Neuantrag. Diesen Weg kann man wählen, wenn die Pflegebedürftigkeit doch noch nicht in dem Maße gegeben ist und man einfach mit der Zeit noch einmal einen neuen Antrag stellt. Meistens nimmt im zunehmenden Alter die Pflegebedürftigkeit zu, so dass dann der neue Bedarf ermittelt werden kann.

Natürlich kann man auch eine Klage beim Sozialgericht einreichen. Dabei muss man bedenken, dass diese Geld, Zeit und Nerven kostet. Wenn die Klage gewonnen wird, dann gibt es rückwirkend den Leistungsanspruch seit der Antragstellung. Die Praxis zeigt, dass die Pflegestufen 2 und 3 am strittigsten sind. Das Sozialgericht verlangt für ein beantragtes weiteres Gutachten einen Kostenvorschuss in Höhe von 350,- bis 750,- €. Wer das Klageverfahren verliert, muss die Kosten für dieses Gutachten tragen. Gegen das Urteil des Sozialgerichtes kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung beim Landessozialgericht bzw. gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil Berufung beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. Gegen das Urteil aus 2. Instanz bleibt ebenfalls innerhalb eines Monats ab Zustellung des Urteils die Möglichkeit der Revision beim Bundessozial- bzw. beim Bundesverwaltungsgericht.

Finanztest und die Analyse zur PKV

22. Januar 2010 in Finanztest / Stiftung Warentest, PKV

Einmal pro Monat entnehme ich unserem Büro-Briefkasten ganz besondere Post. Die Zeitschrift Finanztest aus dem Hause Stiftung Warentest. Ich schwanke immer zwischen ungläubigem Kopfschütteln und Heiterkeit. Damit auch andere Menschen ihren Kopf schütteln können oder sich erheitern können, werde ich ab sofort mein Fundstück des Monats aus der Finanztest hier einstellen. Gleichzeitig rege ich an, dass die Zeitschrift wöchentlich erscheint. Dann habe ich jede Woche das Vergnügen, einen Beitrag diesbezüglich zu erstellen.

Diesmal hat es mir nach dem ersten Durchblättern der auf Seite 95 abgedruckte Analysebogen Private Krankenversicherung angetan. Gegen eine Gebühr von 18 Euro (Kinder und Menschen ab 65 zahlen nur 8 Euro), kann man sich eine Analyse für eine private Krankenversicherung von der Stiftung erstellen lassen. Das ist günstig und fair, keine Frage.

Und schon habe ich den Kugelschreiber in der Hand, um einen Bogen für mich selber auszufüllen. Kann ja nichts schaden.  Ich lese aber erst einmal weiter und auf den ersten Blick bewundere ich die Stiftung insgeheim dafür, dass die mit einer einzigen Seite auskommen. Meine Kunden müssen mit mir ein mehrseitiges Dokument durcharbeiten um in die Nähe der geeigneten Tarife zu kommen. Die darauf folgende genaue Bedingungsanalyse ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Ich lese also weiter und meine Bewunderung schlägt allmählich in Kopfschütteln um. Selbst ich als Fachmakler für PKV verstehe nicht ganz, was ich dort ankreuzen soll. Die Fragen sind ungenau und ohne weitere Erläuterungen. Jetzt wird mir auch klar, warum die Stiftung mit so wenig Platz aus kommt. Wer nicht für seinen Rat haftet, keine Erlaubnis für diese Tätigkeit braucht und seinen Rat auch nicht begründen und dokumentieren muss, der darf natürlich oberflächlich bleiben. Leider weiß das der Verbraucher nicht. Aber vielleicht tragen ja Artikel wie dieser zur Aufklärung bei.  Nachdem ich alle Punkte gelesen habe überlege ich nicht mehr, ob ich mir ein Angebot (Verzeihung, eine Analyse!) von der Stiftung zusenden lasse. Ich bin mir dessen sicher. So viel Spaß muss einfach sein!

Es geht ganz harmlos los mit den persönlichen Daten und dem Beschäftigungsverhältnis. Die Erläuterung für Angestellte bezüglich der Versicherungspflichtgrenze ist unsauber formuliert, aber darüber lese ich großzügig hinweg. Die schönen Sachen kommen ja noch…

Jetzt wird nach dem gewünschten oder bestehenden Versicherungsschutz gefragt und ich kann sagen, dass ich nur Tarife der Gesellschaft genannt haben möchte, bei der ich schon Kunde bin. Gut, das ist sinnvoll. Aber was soll ich denn nun angeben? Meine Wünsche oder das, was ich schon habe? Und wenn das was ich habe nicht dem entspricht, was ich mir wünsche??? Ich entscheide für mich, dass ich hier meinen Wunschzettel schreiben kann, also weiter im Text Frage nach der Selbstbeteiligung? Leicht zu beantworten. Obwohl – ich hätte gerne eine SB nicht im Stationären Bereich. Aber das kann ich nicht ankreuzen!

Wir kommen zum Thema Unterbringung im Krankenhaus.  Ah, das kommen ja meine Lieblingsfragen: Wollen Sie Einbettzimmer mit Chefarzt oder Zweibettzimmer mit Chefarzt oder Mehrbettzimmer ohne Chefarzt? Und bei den Varianten Einbettzimmer und Zweibettzimmer darf ich ankreuzen, ob Arzthonorare bis zum Höchstsatz der GOÄ oder auch darüber hinaus erstattet werden sollen.

Mist, trifft auch mich nicht wirklich zu! Ich will einen Tarif mit Wahlleistungen im stationären Bereich. Den Arzt und das Krankenhaus will ich mir frei aussuchen können. Wenn der von mir bevorzugte Arzt „nur“ Oberarzt ist und in einer Privatklinik operiert, die höhere Sätze als ein städtisches Krankenhaus aufruft, dann will ich das bezahlt bekommen. Eine Bindung an die Gebührenordnung (GOÄ) sollte gar nicht bestehen. Über 3,5 kann ja auch bedeuten 5,0. Und wenn mein Arzt den 12,0-fachen Satz für eine lebenserhaltende OP berechnen will, was mache ich dann? Und was ist, wenn ich in die USA fahren will, um eine OP durchführen zu lassen, die hier objektiv nicht möglich ist? Da gilt doch die GOÄ gar nicht. Ich lasse den Punkt erst einmal weg. Vielleicht hilft mir ja jemand durch einen Kommentar, wenn ich meinen Beitrag im Blog veröffentliche. Ob sich wohl der interessierte Verbraucher dieselben Fragen stellt?

Es geht weiter mit Zahnbehandlungen und Zahnersatz und anhand der Fragestellung wage ich eine erste Vermutung über die von der Stiftung wohl verwendete Software. Ich darf mich zwischen Prozentsätzen entscheiden, deren Spanne ich interessant finde. Bei der Behandlung mindestens 90 Prozent oder 50 – 90 Prozent. Was da wohl raus kommt, wenn ich 50 – 90 Prozent ankreuze. Beim Zahnersatz darf ich wählen zwischen mind. 75 Prozent und zwischen 50 und 75 Prozent. Wie, das war’s schon zum Thema Zahn? Ach nein, weiter unten kann ich dann noch sagen, wie wichtig ich Inlays, Erstattungsobergrenzen in den ersten Vertragsjahren und die Höhe der Erstattung finde. Und wieder habe ich ein Problem! Ich will bei Zahnersatz natürlich eine hohe prozentuale Erstattung. Aber wovon ausgehend? Inlays? Klar, warum nicht.  Wo wird eigentlich nach Zahnimplantaten gefragt? Habe ich das etwa überlesen? Nein, habe ich nicht. Wird tatsächlich nicht gefragt. Dabei hatte ich mich schon so darauf gefreut, die Anzahl angeben zu dürfen. Aber ist ja nicht so schlimm. Implantate sind ja nur so ziemlich der größte Kostenfaktor, den ich mir vorstellen kann. Zahle ich natürlich gerne aus der eigenen Tasche. Denkt sich die Stiftung sicher auch. Oder ist die verwendete Software nicht gut genug?

Unter den Zahnleistungen wird dann nach Besonderheiten beim Krankentagegeld gefragt. Hier lasse ich Gnade vor Recht ergehen. Im Vergleich zu den anderen Punkten ist das schon einigermaßen in Ordnung.

So, gleich geschafft. Jetzt werde ich nach gewünschten zusätzlichen Leistungen gefragt. Klingt nach Luxus, oder? Dabei wurden ja bisher nicht einmal die existenziellen Risiken vollständig abgefragt! Ob ich auch Schutz im außereuropäischen Ausland will? Na klar. Und zwar für mindestens sechs Monate. Und wenn ich meinen Wohnsitz verlege, was ist dann? Ist die Verlegung des Wohnsitzes innerhalb von Europa anders zu betrachten? Was ist, wenn ich in den USA ins Krankenhaus muss. Wie lange zahlt die Versicherung? Aber ich bin mir sicher, wenn ich das als sehr wichtig markiere, kann mein Auslandsschutz ja nur toll sein.

Nächster Punkt: Vorsorgeuntersuchungen. Nehme ich.  Bekomme ich die gleichen Vorsorgeuntersuchungen wie der Kassenpatient? Ich will bessere und zwar dann, wann mir danach ist. Kann ich aber natürlich nicht ankreuzen. Heilpraktiker? Nö, ist mir egal. Aber durch Ärzte durchgeführte Naturheilverfahren könnten mich interessieren. Ist das dasselbe? Sehhilfen? Brauche ich. Was die mir wohl berechnen, wenn ich sehr wichtig sage? Oder wenn ich sage, dass ich gerne eine Lasik-OP bezahlt haben möchte. Ist das überhaupt möglich?

Hilfsmittel (z.  B. Prothesen)? Das gefällt mir! Ich will aber auch Körperersatzstücke (Ohr, Auge, Gesichtshälfte), meinen elektrisch betriebenen Rollstuhl und mein Heimdialysegerat bezahlt bekommen. Ich suche die entsprechende Spalte. Erfolglos!

Jetzt werde ich nach meinem Wusch bezüglich Psychotherapie gefragt.  Klar ist mir wichtig. Ich will dann aber  keinen Arzt, sondern einen Psychotherapeuten aufsuchen können. Und wenn es sein muss, dann auch ein Jahr lang einmal pro Woche. Wo mache ich mein Kreuz? Einfach bei sehr wichtig. Die Stiftung weiß doch, was gut ist und wird das alles sicher berücksichtigen.

Fahrkosten zum Arzt? Klar, besonders, wenn ich zu einer Strahlentherapie muss oder zur Dialyse. Meinen die auch Krankenhaus? Und meinen die mit Fahrt auch den Flug im Rettungshubschrauber? Ach, das mit dem Krankenhaus kommt später. Aber auch hier werde ich meinen Wunsch nach dem Hubschraubertransport nicht los.

Psychotherapie stationär? Rein statistisch brauche ich das als Mann. Überarbeitung, Suff oder Trennung stehen da statistisch ganz weit vorne. Also gut, von mir aus nehme ich das. Aber wie lange darf ich denn in der Therapie bleiben, bevor mir die Versicherung die Kosten nicht mehr erstattet? Der letzte Punkt: Anschlussheilbehandlung: Unbedingt! Und zwar ohne vorherige Zusage und unbegrenzt. Schreibe ich mit dazu, denn so genau wird danach nicht gefragt.

Selbstverständlich hat der geneigte Verbraucher hier alle Punkte verstanden, in ihrer Tragweite für sich bewertet und kann nun beruhigt der Empfehlung der Stiftung entgegen sehen. Ob die auch die Original Versicherungsbedingungen beilegen? Ja ja, ist ja schon gut. Ich soll ja keine rhetorischen Fragen stellen…

Und selbstverständlich sind die nicht oder nicht direkt angesprochenen Punkte wie zum Beispiel Kindernachversicherung, Optionsrechte auf einen Wechsel in einen besseren Tarif bei der selben Gesellschaft ohne Gesundheitsprüfung, Auslandsrücktransport, Umwandlungsrecht Voll- in Zusatzversicherung, Haus-/Primärarztprinzip, Kostenübernahme von nichtärztlichen Behandlern (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Logopäden), Kieferorthopädie etc. etc. ja auch absolut unwichtiger Kram. Wer braucht das schon? Und wer kann denn das alles berücksichtigen? Die Stiftung leider offensichtlich nicht!

Testurteil: Ungenügend. Der Verbraucher könnte meinen, dass ihm mit den wenigen und unpräzisen Fragen ein passender Tarif empfohlen wird. Das ist höchstens mit sehr viel Glück möglich. Die Chancen stehen gering. Sehr gering sogar. Aber wer für seinen Rat nicht haftet, hat ja keine Probleme. Schade, dass die Stiftung nicht dokumentieren muss. Und schade, dass die Stiftung nicht die Gespräche zu führen hat, wenn die Kunden bestimmte Leistungen nicht bezahlt bekommen.

Aber den Bogen, den schicke ich ab. Ich hoffe, dass meine 16 Euro gut investiert werden.

Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung, Teil 4

21. Januar 2010 in Pflegeversicherung

Wer erhält Leistungen? Wann bin ich pflegebedürftig? 

Leistungen erhält laut § 14 SGB XI: „… wenn man wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens für mindestens 6 Monate Hilfe bedarf.“ 

Die Krankheiten und Behinderungen werden wie folgt definiert:

Verluste, Lähmungen oder Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat, Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane, Störungen des zentralen Nervensystems, psychische Erkrankungen bzw. geistige Behinderungen. Auch zählen Gedächtnis- und Orientierungsstörungen in der Wohnung und Umgebung dazu. 

Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen sind in ihrer Alltagskompetenz erheblich eingeschränkt. Sie erhielten bis 01.07.2008 einen Betreuungsbetrag von bis zu 460,- Euro jährlich. Mit dem Inkrafttreten der Pflegereform erhalten die Betroffenen deutlich mehr Geld, abhängig vom Betreuungsbedarf (bis zu 2.400,- Euro jährlich)(lt. SGB XI § 45b). 

Der Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ist von einer Vorversicherungszeit abhängig. Bei Versicherten, die bis zum 31.12.1995 ihren Leistungsantrag gestellt hatten, war – ungeachtet des Eintritts der Pflegebedürftigkeit – keine Vorversicherungszeit zu erfüllen, sofern aufgrund dieses Antrages Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde. In den Fällen der Antragstellung in der Zeit vom 01.01.1996 bis 31.12.1999 war – ungeachtet des Eintritts der Pflegebedürftigkeit – eine stufenweise verlängerte Vorversicherungszeit zu erfüllen. Sie betrug zunächst ein Jahr und wurde jährlich zum 01.01. um ein weiteres Jahr verlängert. Bei Antragstellung in der Zeit vom 01.01.2000 bis 30.06.2008 war eine Vorversicherungszeit von 5 Jahren innerhalb einer Rahmenfrist von 10 Jahren vor der Antragstellung nachzuweisen. Mit Wirkung ab 01.07.2008 wurde die nachzuweisende Vorversicherungszeit von 5 Jahren auf 2 Jahre in den letzten 10 Jahren vor Antragstellung reduziert.

Das Verfahren der Antragstellung

Der Antrag auf Pflegebedürftigkeit wird schriftlich mit einem Antragsformular bei der Pflegekasse, entspricht in der Regel der Mitgliedskrankenkasse, beantragt. Anspruch auf Leistungen hat der Pflegebedürftige ab Eingangsdatum bei der Pflegekasse. Die Bearbeitungsfrist soll 5 Wochen betragen. Von der Pflegekasse wird der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) beauftragt, bei den Privatversicherten ist der Medic Proof zuständig. Der Gutachter meldet sich schriftlich, aber auch telefonisch, beim Versicherten an. Wichtig ist, dass die Angehörigen bzw. die Pflegepersonen über den Termin informiert sein sollten, um mit daran teilzunehmen. Der MDK-Termin findet immer in der häuslichen Pflegeumgebung statt, es sei denn, es wird ein Dringlichkeitsantrag eingereicht und der Patient befindet sich noch im Krankenhaus. Die Pflegebedürftigkeit wird anhand eines Fragenkataloges mit diversen medizinischen Untersuchungen festgestellt. Aufgrund des Ergebnisses des Hausbesuchs erstellt der MDK ein Gutachten und reicht es bei der Pflegekasse ein. Die Pflegekasse trifft nun ihre Entscheidung auf Leistung auf der Grundlage des Gutachtens.

Studie zeigt: TÜV-Siegel unzureichend

21. Januar 2010 in Pressespiegel

Auf ihrer heutigen Pressekonferenz stellten die Unternehmen „DVR Die Versicherungs- und Rentenberater AG“, „VERS Versicherungsberater-Gesellschaft mbH“ und „TÜg Technische Überwachungsgemeinschaft GmbH“ das Ergebnis ihrer in Auftrag gegebenen Studie über die „TÜV-geprüfte Finanzberatung“ vor. Der Verfasser, Finanzmathematiker und Fachbuchautor Werner Siepe, stellt darin eine unzureichende Prüfung der Beratungs- und Servicequalitäten sowie Mängel bei den bisherigen Zertifizierungen fest. Laut dem Gutachten treten die Konzerne TÜV Süd, TÜV Nord, TÜV Rheinland und TÜV Saarland eher als externe Marketingagenturen der geprüften Finanzdienstleister auf als als neutrale Bewerter im Auftrag der Verbraucher. Nach Ansicht namhafter Rechtsanwälte würden Haftungsrisiken sowohl für die Verwender der TÜV-Siegel als auch für die Töchter der TÜV-Konzerne selbst bestehen.

Aufgrund des Ergebnisses fordern die Unternehmen „DVR AG“, „VERS Versicherungsberater-Gesellschaft“ und „TÜg“ eine grundlegende Revision der bisherigen Zertifizierungspraxis. Einen „Finanz-TÜV“ nach Art der TÜV-Konzerne lehnen sie ab, da sich die bisher erteilten TÜV-Siegel als Riskant für Anleger und Versicherungskunden erweisen könnten. Die vollständige 66-seitige Studie „TÜV-geprüfte Finanzberatung“ kann bei Interesse über dolejar@dvrag.de angefordert werden.

Quelle: experten-netzwerk GmbH, 20.01.2010
Experten.de

Barmer GEK legt Arztreport 2010 vor

20. Januar 2010 in GKV

Die Barmer GEK hat am 19.01.2010 ihren Arztreport 2010 veröffentlicht. Der Bericht wertet u. a. die Anzahl der Arztkontakte, die Behandlungsrate und die häufigsten Diagnosen aus. Aber auch eine Statistik zur Dauer und Häufung von Arbeitsunfähigkeiten („Krankschreibungen“) an bestimmten Wochentagen und weitere interessante Zahlen und Statistiken werden veröffentlicht. Fazit: Die Deutschen nehmen weltweit die Spitzenposition bei den Arztbesuchen ein. Dafür beträgt die Dauer eines Arztbesuches im Durchschnitt auch nur wenige Minuten.

Den kompletten Report und interessante Grafiken können Sie auf den Internetseiten der Barmer GEK abrufen:
Arztreport 2010 Barmer GEK

Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung, Teil 3

15. Januar 2010 in Pflegeversicherung

Entgelte und Leistungsinhalte
(Beträge in Euro)     

Häusliche Pflegehilfe                                                

Pflegestufe seit 01.07.2008 ab 01.01.2010 ab 01.01.2012
Stufe 1 420 440 450
Stufe 2 980 1.040 1.100
Stufe 3 1.470 1.510 1.550

Pflegegeld 

Pflegestufe seit 01.07.2008 ab 01.01.2010 ab 01.01.2012
Stufe 1 215 225 235
Stufe 2 420 430 440
Stufe 3 675 685 700

Vollstationäre Pflege 

Pflegestufe seit 01.07.2008 ab 01.01.2010 ab 01.01.2012
Stufe 1 1.023 1.023 1.023
Stufe 2 1.279 1.279 1.279
Stufe 3 1.470 1.510 1.550
in Härtefällen 1.750 1.825 1.918

Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson und Kurzzeitpflege 

seit 01.07.2008 ab 01.01.2010 ab 01.01.2012
1.470 1.510 1.550

Die einzelnen Bereiche, die zu den Verrichtungen des täglichen Lebens gehören, gliedern sich in Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftliche Versorgung. 

Zur Körperpflege gehört das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, das Rasieren und die Darm- und Blasenentleerung. 

Die Ernährung beinhaltet das mundgerechte Zubereiten der Nahrung und Hilfe bei der Aufnahme der Nahrung. 

Unter Mobilität versteht man das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Treppen steigen, Gehen und Stehen und das Verlassen bzw. Wiederaufsuchen der Wohnung.

Zu der hauswirtschaftlichen Versorgung gehört das Einkaufen, das Kochen, die Wohnungsreinigung, das Spülen, das Wechseln und Waschen der Kleidung und das Heizen der Wohnung.

Der Gesetzgeber unterscheidet verschiedene Leistungsarten: die Sachleistungen (z.B. für einen Pflegedienst), die Geldleistung (das ist das Pflegegeld für die Laienpflege durch Angehörige und Nachbarn), die Kombinationsleistung (das ist eine Kombination aus der Sach- und Geldleistung) und die Kostenerstattung (für Hilfsmittel). 

Auch gibt es Unterscheidungen bei der Art der Pflege: häuslich, teilstationär und vollstationär. 

Pflegepersonen sind Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen mindestens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Dazu gehören Familienangehörige, Verwandte, Nachbarn, Freunde oder sonstige ehrenamtliche Helfer. Berufstätige und Selbständige können auch Pflegepersonen sein, wenn eine parallel ausgeübte Erwerbstätigkeit 30 Stunden in der Woche nicht übersteigt.

Pflegepersonen sind gesetzlich renten- und unfallversichert, die Beiträge an die Rentenversicherung werden von der Pflegeversicherung gezahlt. Sie sind z. B. versichert bei Arbeitsunfällen, Wegeunfällen, Berufskrankheiten wie Infektionskrankheiten, Hauterkrankungen.

Arbeitnehmer, die einen nahen Angehörigen pflegen, haben einen Anspruch auf Pflegezeit von bis zu 6 Monaten. Das geschieht ohne Gehaltszahlung, er bleibt weiterhin in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versichert, die Beiträge zahlt die Pflegeversicherung und in der Krankenversicherung bleibt der Pflegende versicherungsfrei.

Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung, Teil 2

14. Januar 2010 in Pflegeversicherung

Kostenträger und Leistungen

Wenn man pflegebedürftig ist, kann man aus drei verschiedenen Bereichen Leistungen erhalten: einmal aus der gesetzlichen Pflegeversicherung (SGB XI), dann aus der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) und vom Sozialhilfeträger.

Die Leistungen aus diesen drei Bereichen sind miteinander kombinierbar. Zum Beispiel: Ein Patient ist in die Pflegestufe 1 eingestuft, zusätzlich erhält er Behandlungspflege laut SGB V in Form von täglichen Insulinspritzen und, weil er eine kleine Altersrente bezieht, bekommt er noch Hilfe zur Pflegeversicherung vom Sozialhilfeträger. Der Sozialhilfeträger hat über die Pflegeleistungen laut SGB XI hinausgehende so genannte Leistungskomplexe, die individuell bewilligt werden können.

Wenn der Pflegebedürftige nicht die Voraussetzung nach SGB XI erfüllt, wird er nicht eingestuft. Gibt es aber trotzdem einen Bedarf unter dem Mindestpflegeaufwand, der 90 Minuten am Tag beträgt, und eine Einkommensschwachheit, prüft das zuständige Amt vor Ort, z. B. den Rentenbescheid, die Miethöhe etc. und kann somit die Pflegestufe 0 festlegen.

Folgende Kriterien werden zur prinzipiellen Einstufung in die Pflegeversicherung zu Grunde gelegt:

Die Häufigkeit des Pflegebedarfs, der zeitliche Mindestaufwand pro Tag bzw. in der Woche und die Pflegebedürftigkeit müssen seit mindestens 6 Monaten vorhanden sein.

Für die Pflegestufe 1 – erhebliche Pflegebedürftigkeit – gibt es folgende Grundvoraussetzungen:

Der Bedarf muss mindestens einmal täglich für zwei Verrichtungen aus den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und mehrfach wöchentlich hauswirtschaftliche Versorgung vorhanden sein. Auf die Grundpflegetätigkeiten müssen mehr als 45 Minuten pro Tag entfallen und der Bedarf muss mindestens ein ein halb Stunden im Tagesdurchschnitt betragen.

Für die Pflegestufe 2 – Schwerpflegebedürftigkeit – muss der Bedarf mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Zeiten in den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und mehrfach wöchentlich hauswirtschaftliche Versorgung betragen. Auf die Grundpflegetätigkeiten müssen mindestens 2 Stunden pro Tag entfallen. Und der Bedarf muss im Tagesdurchschnitt 3 Stunden betragen.

Bei der Pflegestufe 3 – Schwerstpflegebedürftigkeit – ist der Bedarf so groß, dass jederzeit eine Pflegeperson erreichbar sein muss, weil der Hilfebedarf jederzeit, Tag und Nacht, anfällt. Auf die Grundpflegetätigkeiten entfallen mindestens vier Stunden am Tag und insgesamt ist der Bedarf im Tagesdurchschnitt fünf Stunden.

Außer diesen drei Pflegestufen gibt es noch den Härtefall. Dort ist ein außergewöhnlicher Bedarf rund um die Uhr, z. B. bei lebensbedrohlichen Krankheiten im Endstadium, geregelt. Hier umfassen die Grundpflegetätigkeiten mindestens sieben Stunden pro Tag, davon sind mindestens zwei Stunden pro Nacht erforderlich. Es werden mehrere Pflegepersonen benötigt.

Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung, Teil 1

11. Januar 2010 in Pflegeversicherung

Die gesetzliche Pflegeversicherung (SGB XI) wurde per 01.01.1995 eingeführt. Sie bietet Versicherungsschutz bei Pflegebedürftigkeit und stellt lediglich eine Grundversorgung dar, im Volksmund sagt man auch Teilkaskoabsicherung dazu. Sie bildet einen eigenständigen Zweig der Sozialversicherung neben Kranken-, Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Zurzeit erhalten ca. 2,1 Mio. Menschen Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, das ist ca. jeder 40. Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Den größten Anteil der pflegebedürftigen findet man in der Altersstufe ab 80. Dort sind die Frauen häufiger betroffen als die Männer. Auf die jeweilige Pflegestufe entfallen 59,2 % für die Pflegestufe 1, 31,4 % für die Pflegestufe 2 und 9,4 % für die Pflegestufe 3.

Die Prognose der Pflegefälle sieht folgendermaßen aus:

Während es 1999 noch 1,9 Mio. Pflegebedürftige gab, werden es in 2010 bereits 2,4 Mio. sein. Weitere 10 Jahre später, in 2020, rechnet man mit 2,9 Mio. und in 2050 sogar mit 4,7 Mio. pflegebedürftigen Menschen.

Die durchschnittliche Pflegedauer beträgt 6 Jahre. Als Beispiel: die Lebenserwartung nach Einstufung in III beträgt noch 5-7 Jahre.

1,4 Mio. Pflegebedürftige werden zu Hause versorgt, d.h. 987.000 von Angehörigen und 450.000 von ambulanten Pflegediensten. 640.000 sind in Pflegeheimen untergebracht.

Krebs oder nicht Krebs?

6. Januar 2010 in BU-Versicherungen

Eine besondere Versicherungsform im Bereich der Absicherung der Arbeitskraft stellt die Versicherung gegen schwere Krankheiten (auch Dread Disease Versicherung genannt) dar. Bei dieser Versicherungsform wird die Versicherungsleistung nicht bei Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, sondern beim Eintritt vorher genau definierter Krankheiten (z. B. Krebs, Schlaganfall, Herzinfarkt u. a.) fällig. In Abgrenzung zur BU- oder EU-Versicherung wird zudem keine monatliche Rente, sondern eine einmalige Kapitalabfindung an die versicherte Person oder den Versicherungsnehmer gezahlt.

Die in diesen Verträgen definierten Krankheiten unterscheiden sich von Versicherungsgesellschaft zu Versicherungsgesellschaft. Insbesondere ist aber wichtig, die Definition genau zu lesen. Denn auch für die Versicherung gegen schwere Krankheiten gilt das, was ich immer wieder betone: Sie haben nur einen rechtssicheren Anspruch auf Leistungen, die Ihnen der Versicherer in den dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen zusichert!

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in einem Beschluss am 10.12.2009 (Az.: 5 U 87/09) über die Klage einer Versicherungsnehmerin entschieden. Was war geschehen? Die Versicherungsnehmerin war im März 2007 an Brustkrebs erkrankt. Der Brustkrebs, an dem die Versicherungsnehmerin erkrankte, streute glücklicherweise nicht. Es handelte sich um ein Karzinom in situ.

Die Frau begehrte aufgrund der Diagnose Krebs nun die Zahlung der vereinbarten Versicherungssumme vom Versicherer, da in der Police eine Leistung für Krebserkrankungen angegebn war. Der Versicherer wies den Anspruch der Kundin zurück, weil Carcinoma in situ nicht zu den versicherten Krankheiten zählen würden. Daraufhin klagte die Frau.

Das Gericht hatte sich nun damit zu beschäftigen, ob es sich dabei um eine für die Kundin „überraschende Klausel“ oder gar um eine Täuschung der Kundin handle.

Das Gericht kam, wie bereits die Vorinstanz (Landgericht Aurich), zu dem Ergebnis, dass der Ausschluss bestimmter Krankheiten mit genauer Definition der jeweiligen Krankheit die Grundlage für eine sinnvolle Ausgestaltung des Versicherungsschutzes sei. Zum Vortrag der Kundin bezüglich der überraschenden Klausel bzw. der Täuschung durch den Versicherer führte das Gericht aus, dass die Versicherungsbedingungen so auszulegen sein, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsspezifische Fachkenntnisse bei aufmerksamer Durchsicht und Erkennen des Zusammenhanges verstehen müsse. Den medizinischen Fachbegriff Carcinoma in situ hätte die Frau selbst durch oberflächliche Recherche verstehen können.

Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen.

Achten Sie also bitte im eigenen Interesse immer ganz genau auf die Leistungsaussagen und Klauseln in den Versicherungsbedingungen. Lassen Sie sich Ihnen unklare Formulierungen erklären oder recherchieren Sie diese selber. Sie ersparen sich im Versicherungsfall sehr viel Ärger.

Das Urteil im Volltext finden Sie nachfolgend.

Gericht: OLG Oldenburg, 05. Zivilsenat
Typ, AZ: Beschluss, 5 U 87/09
Datum: 10.12.2009
Sachgebiet: Kein Sachgebiet eingetragen
Normen: BGB § 305c Abs 1, BGB § 305c Abs 2
Leitsatz: Wird bei einer für den Fall einer Krebserkrankung geschlossenen ´Versicherung bei schweren Krankheiten´ in den AVB eine Versicherungsleistung für Carcinoma in situ ausgeschlossen, so ist diese Regelung weder überraschend noch unklar.
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
5 U 87/09
2 O 943/07 Landgericht Aurich

Beschluss

In dem Rechtsstreit

M… C…, …,

Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin …

gegen

C… V…, …,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin …

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht
… und den Richter am Landgericht …

am 10. Dezember 2009

einstimmig beschlossen:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.05.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aurich wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 19.800 € festgesetzt.

G r ü n d e

I.
Die Parteien schlossen im Dezember 2003 einen Vertrag über eine ´Versicherung bei schweren Krankheiten´, wonach u.a. im Falle eines diagnostizierten Krebsleidens eine Einmalzahlung von 19.800 € erfolgen sollte. Im Versicherungsantrag wurde auf die Geltung der ´AVB Schwere Krankheiten VVA´ verwiesen, im Versicherungsschein auf § 2 Ziffer 1 dieser AVB, welcher folgenden Wortlaut hat:

Krebs
Vorliegen eines histologisch nachgewiesenen malignen Tumors, der charakterisiert ist durch eigenständiges Wachstum, infiltrative Wachstumstendenz und Metastasierungstendenz. Unter den
Begriff Krebs fallen auch die Tumorformen des Blutes, der blutbildenden Organe und des Lymphsystems. Ausgeschlossen sind alle Hautkrebserkrankungen, außer malignen Melanomen. Ausge
schlossen sind weiterhin Carcinomainsitu und Tumore bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion.

Im März 2007 wurde in der linken Brust der Klägerin ein duktales Carcinoma in situ entdeckt und operativ entfernt. Es folgte eine antihormonelle Therapie und eine Strahlentherapie.

Das Landgericht hat die auf Leistung der Einmalzahlung von 19.800 € gerichtete Klage abgewiesen, weil die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Ziffer 1 AVB nicht bewiesen habe. Aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T… ergebe sich vielmehr, dass es sich
bei dem bei der Klägerin vorliegenden Carcinoma in situ zwar um einen histologisch nachgewiesenen malignen Tumor mit eigenständigem Wachstum handele. Es fehle aber an der weiter vorausgesetzten Metastasierungstendenz, weil die Basalmembran noch nicht durchbrochen gewesen sei. Zwar bestehe auch bei scheinbar intakter Basalmembran ein sehr seltenes Risiko, dass es durch eine nicht nachweisbare Mikroinvasion zu einer Metastasierung komme. Hierfür hätten sich nach Auswertung der ScreeningAufnahmen und des histologischen Befundes bei der Klägerin aber keine Anhaltspunkte gefunden. Die von der Klägerin gegen die Wirksamkeit des Ausschlusses vorgebrachten Bedenken griffen nicht durch.

Mit ihrer Berufung vertieft die Klägerin ihre Auffassung, § 2 Ziffer 1 AVB verstoße gegen § 305 c Abs. 1 BGB. Die Beschränkung der unter den Begriff ´Krebs´ fallenden Erkrankungen auf Tumore mit Metastasierungstendenz sei überraschend. Darüber hinaus sei § 2 Ziffer 1 Satz 4 unklar, denn die Klausel lasse zum einen die Auslegung zu, dass Carcinoma in situ generell ausgeschlossen seien. Zum anderen könne sie jedoch auch dahin verstanden werden, dass Carcinoma in situ nur bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion ausgeschlossen seien. Mithin sei gemäß § 305c Abs. 2 BGB von letzterer Auslegung als der für sie günstigeren auszugehen.

II.
Die Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Klägerin stehen keine Ansprüche auf eine Versicherungsleistung zu.

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist für eine Anwendung von § 305 c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen, kein Raum. Voraussetzung hierfür wäre, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden Zweifel bleiben und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 112, 65. NJW 07, 504). Hieran fehlt es.

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 123, 83 und ständig) sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. Grundsätzlich ist auf den allgemeinen Sprachgebrauch abzustellen, bei Fachbegriffen außerhalb des allgemeinen Sprachgebrauchs, z.B. aus der Medizin, jedoch davon abweichend regelmäßig auf die fachwissenschaftliche Bedeutung (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 305c Rn. 16).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt keine objektive Mehrdeutigkeit vor.
Bei verständiger Würdigung wird der Versicherungsnehmer zunächst erkennen, dass nach der in Satz 1 der Klausel enthaltenen Definition nicht alle malignen Tumore vom Begriff ´Krebs´ erfasst werden, sondern nur solche, die eine Metastasierungstendenz aufweisen, also die auch dem medizinischen Laien als besonders gefährlich geläufige Tendenz, aus dem Verband auszuwandern und sich in fremden Geweben, wie Knochen, Lunge oder Gehirn, anzusiedeln. Satz 2 stellt klar, dass auch die Tumorformen des Blutes, der blutbildenden Organe und des Lymphsystems unter den Begriff ´Krebs´ fallen. Sodann folgen in den Sätzen 3 und 4 die Ausschlüsse. Nach Satz 3 sind alle Hautkrebserkrankungen außer malignen Melanomen ausgeschlossen. Nach Satz 4 sind ausgeschlossen ´weiterhin Carcinomainsitu und Tumore bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion´. Informiert sich der Versicherungsnehmer darüber, was sich hinter dem medizinischen Begriff Carcinomainsitu verbirgt, so wird er selbst bei oberflächlicher Recherche schnell zu der Erkenntnis kommen, dass es sich dabei um das Frühstadium eines Tumors ohne invasives Wachstum und ohne Metastasierungstendenz handelt, mithin um eine Tumorform, die nicht unter den Begriff ´Krebs´ im Sinne von Satz 1 fällt.

Die von der Klägerin für denkbar gehaltene Auslegung, bei Nichtbestehen einer HIVInfektion reiche ein Carcinoma in situ zum Nachweis einer schweren Krankheit aus, kommt bei verständiger Würdigung nicht ernsthaft in Betracht. Rein grammatikalisch betrachtet ist es zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich der Passus ´bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion´ auf beide vorangehenden durch ein ´und´ verknüpften Substantive beziehen. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung ergibt sich aber aus dem Sinnzusammenhang zwanglos, dass sich der in Satz 4 enthaltene Ausschluss des Versicherungsschutzes ´bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion´ nur auf in Satz 1 generell eingeschlossene Tumore bezieht, was bei Carcinomainsitu nicht der Fall ist. Deren Erwähnung in Satz 4 dient erkennbar nur der Klarstellung, um Auseinandersetzungen in diesen zahlenmäßig nicht unbedeutenden Fällen zu vermeiden.

2) Ohne Erfolg rügt die Klägerin auch, dass die beanstandete Klausel überraschend und damit nach § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam sei. Überraschenden Charakter im Sinne dieser Vorschrift hat eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Versicherungsnehmers deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht, der Klausel mithin ein Überrumpelungseffekt innewohnt (BGH NJWRR 2004, 780, 781. 1397, 1398), was sich regelmäßig unter Anlegung eines generellen Maßstabs nach der Erkenntnismöglichkeit des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden richtet (BGH, NJW 1995, 2637, 2638).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die Klägerin durfte nach Lage der Dinge bei Vertragsabschluss nicht darauf vertrauen, gegen Erkrankungen jeglicher Art versichert zu sein, die in der Laiensprache als ´Krebs´ bezeichnet werden. Sie kann sich deshalb nicht erfolgreich darauf berufen, sie habe nicht damit rechnen müssen, dass das Kleingedruckte ihre Erkrankung mangels Metastasierungstendenz vom Versicherungsschutz ausschließt.

Wie bereits das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, können Verträge der streitgegenständlichen Art über den Ein oder Ausschluss bestimmter Krankheiten ohne die genaue Definition der jeweiligen Krankheiten überhaupt nicht sinnvoll ausgestaltet werden. Insbesondere kann für die Bestimmung des konkreten Versicherungsumfangs nicht etwa auf den allgemeinen Sprachgebrauch abgestellt werden, sondern zur sachgerechten Beurteilung ist es erforderlich, auf die jeweils maßgebliche Definition im medizinischen Sinn zurückzugreifen. Dies muss umso mehr gelten, als der medizinische Laie regelmäßig nur recht vage Vorstellungen über die jeweilig betroffenen Krankheitsbilder haben dürfte. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird daher von vornherein damit rechnen, dass sich in den AVB zunächst als primäre Leistungsbegrenzung die Definitionen der Krankheiten finden, für die das Leistungsversprechen des Versicherers grundsätzlich gelten soll. Ebenso wird er damit rechnen, dass sich als sekundäre Risikobegrenzung Ausschlüsse für bestimmte Konstellationen finden, wie es auch hier der Fall ist. Auf die Geltung der AVB ´Schwere Krankheiten VVA´, die die Klägerin vor Antragstellung erhalten hat, ist bereits im Antragsformular hingewiesen worden. Im Versicherungsschein wird für die Krankheit ´Krebs´ ausdrücklich auf § 2 Ziffer 1 AVB hingewiesen. Die AVB sind übersichtlich aufgebaut. Bereits in § 2 finden sich unübersehbar die Definitionen der vom Versicherungsschutz erfassten Krankheiten. Von einer überraschenden Klausel kann nach alledem keine Rede sein. Anhaltspunkte dafür, dass hier etwa der Gang der Vertragsverhandlungen eine andere Erwartungshaltung gerechtfertigt hätte, sind nicht vorgetragen.

III.

Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert, war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.