Allgemeines zu den Pflegerenten

3. August 2013 in Private Pflegezusatztarife

Die Pflegerenten sind eine weitere Variante der privaten Pflegezusatzversicherungen neben den Pflegetagegeldern und Pflegekostentarifen. Die Pflegerenten sind im Bereich der Lebensversicherungen angesiedelt und funktionieren schon daher anders als die Tarife der Krankenversicherer.

Der folgende Beitrag ist in verschiedene Rubriken aufgeteilt:

1.     Leistungsinhalte der Pflegerenten

2.     Das ADL-System

3.     Mitwirkungspflichten des Versicherungsnehmers

4.     Die Lückenermittlung

Leistungsinhalte der Pflegerenten

Folgende Inhalte können in einem Pflegerenten-Tarif enthalten sein. Es gibt natürlich von Anbieter zu Anbieter Unterschiede in der Gestaltung der Tarife.

  • Meistens frei wählbarer Tages-/Monatssatz (in Euroschritten) pro Pflegestufe.
  • Es sind alle 3 Pflegestufen versicherbar.
  • Es gibt Leistungen bei Laienpflege (durch Angehörige oder selbst beschaffte Pflegepersonen) und für ambulante und stationäre Leistungen.
  • Die Leistungen werden nach Einstufung lt. SGB XI erbracht.
  • Es gibt Leistungen nach dem ADL-System.
  • Es gibt Demenz-Leistungen nach Prüfung durch einen Facharzt der Neurologie, meistens in Höhe der abgesicherten Pflegestufe 2. Es ist keine Einstufung lt. SGB XI möglich.
  • Die Leistungen werden auch während einer stationären Unterbringung erbracht. Hat man einmal einen Krankenhausaufenthalt oder befindet sich in einer stationären Reha-Maßnahme, werden die Leistungen weiter gezahlt.
  • Es werden Leistungen aufgrund von Suchterkrankungen erbracht.
  • Um Leistungen zu erhalten, muss der Leistungsbescheid der Pflegekasse oder auch das Gutachten eingereicht werden.
  • Es gibt Einmal-Leistungen x-fach des versicherten Tagessatzes oder als Einmalbetrag in Höhe einer bestimmten Summe.
  • Keine Versicherung von Neugeborenen, so wie es zum Beispiel bei den Pflegetagegeldern möglich ist. Die Pflegerenten gehen in der Regel ab einem Eintrittsalter von 18 oder älter los.
  • Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Unterbrechung der Beitragszahlung möglich. Da es eine Lebensversicherung ist, sind z.B. Beitragsaussetzungen, Beitragsfreistellungen und auch Kapitalentnahmen möglich.
  • Die Leistungen stehen zur freien Verwendung zur Verfügung.
  • Es sind keine Kostennachweise erforderlich.
  • Die Anfangsbeiträge sind relativ hoch. Es werden Rückkaufswerte gebildet, es werden Überschüsse angesammelt und es gibt Todesfall-Leistungen. Durch die Überschußbildung können die Beiträge stabil gehalten werden.
  • Damit die Leistungen analog der allgemeinen Inflationsrate mitwachsen können, werden Dynamisierungen der Beiträge angeboten.
  • Es gibt keine Warte- und Karenzzeiten, das heißt, man ist ab Versicherungs-beginn sofort versichert. Allerdings kann man Karenzzeiten wählen, z.B. 3 oder 6 Monate, welche sich positiv auf die Höhe des Beitrages auswirkt.
  • Es werden Beitragsbefreiungen im Leistungsfall angeboten bzw. kann man diese einschließen. In der Regel ist die Beitragsbefreiung ab der Pflegestufe 1 möglich.
  • Geltungsbereich: weltweit. Die Nachprüfung findet auf Kosten des Versicherungsnehmers z.B. in der EU, Norwegen oder der Schweiz statt.

Viele Anbieter von Pflegerenten bieten ihre Tarife so an, dass man im Leistungsfall wählen kann, ob man Leistungen aus der Einstufung durch den MDK erhält oder ob die Einstufung nach den ADLs eventuell günstiger für den Versicherungsnehmer ausfällt (dieses Verfahren wird „Günstigerprüfung“ genannt). Das heißt, wer diese Wahl haben möchte, sollte auf Tarife achten, die beide Leistungsvarianten anbieten.

Das ADL-System

ADL heißt „activities of daily living“, manchmal heißt das Punktesystem auch ATL,  also Aktivitäten des Täglichen Lebens.

Wenn sich das SGB XI einmal inhaltlich ändern sollte, kann bezweifelt werden, ob man noch die Leistungen, so wie man sie einmal abgeschlossen hat, auch aus dem Tarif lt. SGB XI erhält. In diesem Fall kann man dann auf die ADL-Leistungen zurückgreifen, denn diese sind schon heute in den Bedingungen genau definiert und Vertragsbestandteil.

Allerdings sollte man wissen, dass die Inhalte dieser Punkte nicht identisch mit den Pflegestufen des SGB XI sind und die Einstufung auch anders vorgenommen wird. Es kommt kein MDK vorbei und stuft nach zeitlichen Komponenten ein, sondern der Umfang wird von einem Hausarzt festgestellt. Die Anzahl der Punkte kann man nicht mit einer bestimmten Pflegestufe gleichsetzen und vergleichen.

Anhand der folgenden Beispiele wird deutlich, dass es auch hier nicht gerade einfach ist, die Pflegepunkte zu erhalten.

Der Pflegepunkt „Fortbewegen im Zimmer“ beinhaltet folgendes:  

„Hilfebedarf liegt vor, wenn die versicherte Person, auch bei Inanspruchnahme einer Gehhilfe oder eines Rollstuhls, die Unterstützung einer anderen Person benötigt, um sich an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort auf ebener Oberfläche von Zimmer zu Zimmer fortzubewegen.“

Was bedeutet eigentlich „auch bei Inanspruchnahme einer Gehhilfe oder eines Rollstuhls“? Solange man die Gehhilfen, wie z.B. einen Rollator etc. oder den Rollstuhl noch selbst benutzen kann und keine Hilfe dabei benötigt, erhält man diesen Punkt nicht. Man kann sich vielleicht vorstellen, dass man in der ersten Phase der Pflegebedürftigkeit noch relativ lange ohne Hilfe klar kommt. Bei der gesetzlichen Pflegeeinstufung spielt das keine Rolle. Hier wird der Pflegebedarf festgestellt und hinterher eine Empfehlung für Hilfsmittel ausgesprochen, um sich den Alltag erleichtern zu können.

Beim Punkt „Waschen“ sieht es auch nicht anders aus:

„Hilfebedarf liegt vor, wenn die versicherte Person, auch bei Benutzung von Hilfsmitteln wie Wannengriff oder Wannenlift, sich nicht ohne Hilfe einer anderen Person so waschen kann, dass ein akzeptables Maß an Körperhygiene gewahrt bleibt.“

Hier ist auf die Formulierung zu achten: „auch bei Benutzung von Hilfsmitteln wie Wannengriff oder Wannenlift“, das ist also so ähnlich formuliert wie bei „Fortbewegen im Zimmer“. Und „ein akzeptables Maß“ ist wohl immer eine Auslegungssache.

Beim Punkt „Verrichten der Notdurft“ ist es noch eindeutiger zu sehen (fett gekennzeichnet):

Hilfebedarf liegt vor, wenn die versicherte Person die Unterstützung einer anderen Person benötigt, weil sie sich nach dem Stuhlgang nicht allein säubern kann, ihre Notdurft nur unter Zuhilfenahme einer Bettschüssel verrichten kann oder weil der Darm bzw. die Blase nur mit  fremder Hilfe entleert werden kann. Besteht eine Inkontinenz des Darms bzw. der Blase, die durch die Verwendung von Hilfsmitteln wie Windeln, speziellen Einlagen, einem Katheter oder einem Kolostomiebeutel ausgeglichen werden kann, liegt hinsichtlich der Verrichtung der Notdurft keine Pflegebedürftigkeit vor, solange die versicherte Person bei Verwendung dieser Hilfsmittel zur Verrichtung der Notdurft nicht auf die Hilfe einer anderen Person angewiesen ist.

Wenn ein Katheter verwendet wird, benötigt man praktisch keine pflegerische Unterstützung. Das Wechseln der Beutel wird entweder selbst erledigt oder es wird über eine Behandlungspflege – über eine Verordnung vom Arzt – durch eine examinierte Krankenschwester durchgeführt. Das hat nichts mit der Pflege über das SGB XI zu tun. Leider werden in der Pflege bei Inkontinenz oft Katheter gesetzt, um Pflegezeit zu einzusparen. Das ständige „Zur-Toilette-Bringen“ und Windeln ist einfach viel aufwendiger.

Diese o.g. 3 beispielhaften und auch die weiteren 3 ADL-Punkte sind bei den Pflegerentenanbietern gleich bis ähnlich formuliert. Es gibt insgesamt 6 Punkte, die zu erreichen sind. Diese Punkte sind einfach Versicherungsbedingungen, die sich wohl an den SGB XI anlehnen sollen, aber keineswegs mit dem Einstufungsprozedere des MDK zu tun hat.

FAZIT

Es ist wichtig, bei der Auswahl eines Pflegerenten-Tarifes darauf zu achten, dass der Tarif lt. SGB XI leistet und zusätzlich als Wahlmöglichkeit die Leistungen der ADL-Punkte beinhaltet, denn es gibt auch Gesellschaften, die ihre Tarife nur mit dem ADL-System anbieten.

Beide Leistungsvarianten sind nicht miteinander vergleichbar. Der MDK beurteilt nach einem Fragenkatalog die Verrichtungen des täglichen Lebens, also die Grundpflegetätigkeiten wie Körperpflege, Ernährung und Mobilität nach zeitlichen Komponenten. Bei der ADL-Einstufung beurteilt ein Hausarzt/Arzt, ob die Verrichtungen, die in den ADL-Punkten definiert sind, überhaupt noch allein ohne fremde Hilfe ausgeübt werden können.

Es gibt mindestens einen Versicherer, der schon ab 2 ADL-Punkten leistet, üblich ist ab 3 Punkten. Dieser Tarif wäre für Kunden interessant, die die ADL-Definitionen für sich entdeckt haben.

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Irgend etwas stimmt mit den Pflegerenten nicht!

27. November 2012 in Private Pflegezusatztarife

Ich habe mir die Pflegerenten einmal etwas genauer angesehen, und zwar unter dem Aspekt: wenn durch den MDK die Pflegebedürftigkeit geprüft und festgestellt wurde und die Pflegekasse einen Leistungsbescheid ausstellt, der die Pflegestufe und die Leistung beinhaltet: erhalte ich dann eigentlich Leistungen aus der privaten Pflegezusatzversicherung, also aus der Pflegerente? Immerhin ist man lt. SGB XI geprüft worden, d.h. man hat eine staatliche Einstufung/Prüfung hinter sich.

Das Fazit ist wirklich erschreckend!

Zuerst einmal unterscheidet man zwei Kategorien von Anbietern:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(ADL = activities of daily living = Aktivitäten des Täglichen Lebens = ATL)

Die Versicherungsbedingungen sprechen bei den Pflegerenten eine ganz andere Sprache als bei den Pflegetagegeldern.

Fast alle Bedingungen, vor allem die Paragrafen „Mitwirkungspflichten des VN“ und „Nachprüfung“ und auch die Antragsfragen sind an die hauseigene BU angelehnt und haben nicht viel mit dem SGB XI zu tun! Es gibt für die Feststellung einer BU keine gesetzliche Einstufung, daher ist es normal, dass ein Arzt die BU feststellen muss und noch weitere Unterlagen eingereicht werden müssen. Formulierungen wie: „ärztliche Feststellung“ hat wohl etwas mit BU zu tun, aber sicher nicht mit der Feststellung einer Pflegebedürftigkeit. Für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit gibt es ein Gesetz seit 1995, das SGB XI, und dort ist geregelt, wie die Pflegebedürftigkeit festgestellt wird und das wird vom MDK/Medic Proof umgesetzt.

Mir stellt sich hier wirklich die Frage: wurden die Bedingungen der BU einfach nur übernommen und/oder hat man sich mit dem Thema Pflege nicht auseinandergesetzt? Oder wollen die Versicherer einfach nur dabei sein, um auch eine Pflegezusatz anzubieten?

Meine Meinung ist: die Pflegerenten, so wie sie zurzeit auf dem Markt angeboten werden, sind komplett am Bedarf vorbei.

Mehr lesen Sie hier: Pflegerenten und die Mitwirkungspflichten

Anlage 1: BAGSO empfiehlt Swiss Life

Anlage 2: Flyer Swiss Life

Absicherungsmöglichkeiten gegen die finanziellen Folgen einer Pflegebedürftigkeit

3. Juni 2011 in Pflegeversicherung

Es gibt drei verschiedene Varianten, um sich privat zusätzlich zur gesetzlichen Pflegeleistung zu versichern. Hier unterscheidet man zwei Bereiche. Einmal sind die Tarife im Krankenversicherungsbereich angesiedelt (Pflegetagegelder und Pflegekostentarife) und einmal im Lebensversicherungsbereich (Pflegerenten).

Beim Pflegetagegeld ist ein fester frei vereinbarter Tagessatz versichert. Je nach Pflegestufe werden zwischen 1 und 100% dieses Satzes gezahlt. Geleistet wird nach Einstufung des MDK lt. SGB XI (gesetzliche Pflegeversicherung). Es ist kein Kostennachweis erforderlich, das heißt, man kann selbst über die konkrete Verwendung entscheiden, z.B. für einen Pflegedienst, ein Pflegeheim oder wenn man sich von Angehörigen pflegen lassen möchte. Das Pflegetagegeld wird unabhängig von den tatsächlichen Kosten gezahlt. Der Anfangsbeitrag ist relativ niedrig.

Bei den Pflegekostentarifen sind die tatsächlich entstehenden Pflegekosten versichert. Dafür ist ein Nachweis in Form von Rechnungen (vom Pflegedienst oder -heim) erforderlich. Es ist hier keine freie Verwendung möglich, z.B. für die Pflege von Angehörigen, Bekannten oder Freunden. Es wird nach Vorleistung der gesetzlichen Pflegeversicherung erstattet, es gibt Höchstsätze, die erstattet werden.

Für die beiden Krankenversicherungsvarianten (Pflegetagegeld und Pflegekosten) gelten folgende Merkmale: Mögliche Beitragsanpassungen über die Laufzeit des Vertrages sind möglich. Damit die Leistungen nicht immer gleich bleiben, sollte eine Dynamik eingeschlossen werden, denn unser Geld von heute ist in 10, 20 oder 30 Jahren aufgrund der Inflation nicht mehr dasselbe wert. Diese Dynamisierung ist aber allenfalls im Leistungsfall möglich. Die Überschüsse werden zur Minderung von Beitragsanpassungen verwendet. Es wird kein Rückkaufswert gebildet, es sind keine Einmalzahlungen möglich, auch keine Unterbrechung der Beitragszahlung. Es gibt auch häufig keine Beitragsbefreiung im Leistungsfall.

Die Pflegerente funktioniert wie eine klassische Lebensversicherung. Es wird eine frei verfügbare monatliche Rente gezahlt, die sich nach der festgestellten Pflegestufe (SGB XI) oder der ADL (Aktivitäten des täglichen Lebens) richtet. Die Pflegekosten müssen nicht nachgewiesen werden. Die Beiträge bleiben über die Laufzeit stabil. Durch die gebildeten Überschüsse können steigende Leistungen angeboten werden. Es werden Rückkaufswerte gebildet, d.h., dass bei Kündigung des Vertrages ein Teil des eingezahlten Geldes zur Verfügung steht. Bei den Pflegerenten kann man im Leistungsfall eine Beitragsbefreiung einschließen und auch der Einschluss einer Dynamik ist möglich. Todesfall-Leistungen sind einschließbar, allerdings sind diese in der Regel nicht sehr hoch. Es können Einmalzahlungen getätigt werden, zum Teil sind diese auch wieder entnehmbar. Es ist eine Unterbrechung der Beitragszahlung möglich, wenn man sich zwischenzeitlich in einem finanziellen Engpass befindet. Es gibt keine Wartezeiten und meistens keine Karenzzeiten, diese können aber in verschiedenen Varianten eingeschlossen werden. Bei den Pflegerenten ist der Anfangsbeitrag allerdings relativ hoch.