Besteuerung einer BU-Rente

4. Oktober 2012 in BU-Versicherungen

***UPDATE 01.01.2023***

Bei der Ermittlung einer bedarfsgerechten Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit (BU) gilt es viele Punkte zu beachten. Oftmals finde ich bei Interessenten/Neukunden bestehende Verträge vor, die im Ernstfall nur eine sehr geringe Absicherung bieten. Versicherte BU-Renten in Höhe von 1.000 EUR bei einem Nettoeinkommen von z. B. 2.500 EUR sind leider keine Seltenheit.

Heute will ich in diesem Zusammenhang einen Punkt aufgreifen, der im Regelfall beim Kunden viele Fragen aufwirft.

Bei der versicherten BU-Rente handelt es sich stets um eine Bruttorente. Neben Beiträgen für die gesetzliche oder private Krankenversicherung fallen natürlich auch Steuern an.

Doch wie wird denn eigentlich eine private BU-Rente versteuert?

Die private BU-Rente ist weder steuerfrei noch zu 100% zu versteuern. Beide Auffassungen höre ich leider immer wieder.

Zu unterscheiden ist zwischen der BU-Rente innerhalb der so genannten III. Schicht der Altersvorsorge (das sind selbstständige BU-Versicherungen oder BU-Zusatzversicherungen, die an eine Risikolebensversicherung oder an eine Kapitallebensversicherung bzw. private Rentenversicherung gekoppelt sind) und der I.  Schicht der Altersvorsorge (Basisrente bzw. Rürup-Rente).

Beschäftigen wir uns zunächst mit der BU-Rente im Rahmen der III. Schicht.

Die BU-Rente ist eine so genannte abgekürzte Leibrente. Abgekürzte Leibrenten sind mit dem so genannten Ertragsanteil zu versteuern. Den Begriff  „Ertragsanteilbesteuerung“ kennen Sie vielleicht bereits aus dem Bereich der privaten Rentenversicherung (Schicht III). Anders als bei der privaten Rentenversicherung ist für die Höhe des Ertragsanteils allerdings nicht das Alter bei Renteneintritt der versicherten Person, sondern die voraussichtliche Zahlungsdauer der Rente, also der Zeitraum zwischen Beginn der BU-Rentenzahlung und dem Ende der BU-Rentenzahlung gemäß Versicherungsvertrag. Maßgeblich ist die Ertragsanteiltabelle gemäß § 55 II EStDV. Es werden stets volle Jahre betrachtet.

Das folgende Beispiel soll den Sachverhalt transparent machen und berücksichtigt daher nur die BU-Rente und keine weiteren Einkünfte:

BU-Rentenhöhe 2500 EUR
Alter bei Rentenbeginn 40 Jahre
Endalter gem. Versicherungsvertrag 67 Jahre
Dauer der Rentenzahlung 27 Jahre
Prozentsatz gemäß Tabelle 28 Prozent
Ertragsanteil 700 EUR

Die tatsächliche Steuerbelastung richtet sich nach dem persönlichen Steuersatz des Kunden auf Basis des zu versteuernden Einkommens.

Wie sieht die Sache bei der Basisrente (Rürup-Rente) aus?

Die Besteuerung erfolgt nach § 22 EStG. Der Steuersatz richtet sich nach dem Jahr des Beginns der Rentenzahlung. Im Jahr der Einführung der Basisrente (2005) wurde der Steuersatz mit 50% festgesetzt. Dieser Satz  stieg bis zum Jahr 2020 jedes Jahr um 2% Punkte an, danach um 1% Punkt, bis im Jahr 2040 100% erreicht sind. Bei einem heute (im Jahr 2023) 25-jährigen Versicherungsnehmer, der mit 40 Jahren (im Jahr 2038) eine BU-Rente erhält, beträgt der Steuersatz bereits 98%.

Auch hier wieder ein Beispiel:

BU-Rentenhöhe 2500 EUR
Jahr des Rentenbeginns 2038
Prozentsatz gemäß Tabelle 98 Prozent
steuerpflichtiger Anteil 2.450 EUR

Die tatsächliche Steuerbelastung richtet sich auch hier nach dem persönlichen Steuersatz des Kunden auf Basis des zu versteuernden Einkommens.

Achten Sie bei der Festsetzung der bedarfsgerechten BU-Rentenhöhe unbedingt auch auf die steuerlichen Aspekte. Überlegen Sie auch, ob es in diesem Zusammenhang für Sie wirklich sinnvoll ist, eine BU-Versicherung im Rahmen einer Basisrente/Rürup-Rente abzuschließen.

Sternhagel am Taunus – Die besten BU-Versicherungen

8. Mai 2012 in BU-Versicherungen

„Ich möchte einfach nur die beste BU-Versicherung abschließen“, sagte mir erst letzte Woche ein Kunde. “ Sie haben da doch bestimmt eine Liste“.

Na ja, so einfach ist die Sache leider eben nicht. Wie bei jeder Sparte, so ist es auch und gerade bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) nicht mit einer pauschalen Liste getan. Wie immer müssen individuelle Details besprochen und bewertet werden, bevor die geeigneten Anbieter und Tarife ausgewählt werden können.

Selbstverständlich kann man bestimmte grundsätzliche Leistungspunkte, die praktisch für jeden Versicherten wichtig sind, einer eingehenden Untersuchung unterziehen und dann eine Liste der guten und weniger guten Tarife erstellen.

Als Erste Orientierungshilfe ist das sicher auch gut, sofern die Kriterien transparent, nachvollziehbar und logisch sind.

In der Vergangenheit hatte ich mich ja bereits zu einigen sehr merkwürdigen Tests der „Finanztest“ geäußert:

Finanztest testet BU-Versicherungen

Finanztest testet (schon wieder) BU-Versicherungen

Diesmal in der Anstoß für meinen Artikel aber nicht die Finanztest, sondern das
Analysehaus Morgen & Morgen aus Hofheim am Taunus.

Jahr für Jahr gibt Morgen und Morgen das „M&M Rating Berufsunfähigkeit“ heraus. Es werden reichlich Sterne verteilt (wie bei Hotel-Bewertungen). Diesmal wirft man mit Sternen wieder nur so um sich.

Interessant ist auch diesmal, welche Versicherer die Höchstnote ***** erhalten. Von der Menge der
Mit ***** bewerteten Anbieter will ich an dieser Stelle erst gar nicht anfangen. Es wäre wunderbar, wenn es tatsächlich so viele Spitzenprodukte im Bereich der BU-Versicherungen gäbe.

Nach welchen Kriterien wurde geprüft?

Mein erster Blick geht bei solchen Analysen ja immer auf die Prüfkriterien. Von Finanztest bin ich ja Kummer gewohnt. Aber auch Morgen & Morgen begibt sich hier m. E. auf sehr dünnes Eis.

Die Versicherungsbedingungen, also die Rechtsgrundlage für den Leistungsanspruch wird mit 50% bewertet. Da darf doch wirklich die Frage erlaubt sein, ob das der richtige Ansatz ist. Die so genannte BU-Kompetenz wird mit 30% gewichtet. Was, Sie wissen nicht, was damit gemeint ist? Nun, unter „BU-Kompetenz“ versteht Morgen und Morgen BU-Erfahrung, BU-Bestand, BU-Prozesse,  BU-Leistungsfallprüfung und BU-Antragsprüfung. Was genau Die Erfahrung, die Bestandsgröße und die Prozesse (sind damit die internen Arbeitsprozesse oder Gerichtsprozesse gemeint?) mit der Qualität zu tun haben, wird leider nicht klar.
Die Antragsfragen gehen mit 10% ins Gesamtrating ein. Ebenfalls der Punkt BU-Solidität. Die Solidität soll Bilanzkennzahlen messen.

Später wird man aber auch noch feststellen, dass der Preis auch eine Rolle spielt.

Welche Berufe wurde zugrunde gelegt?

Es wurden Angebote für „risikoarme“ (Notar, Akademiker, 100% Bürotätigkeit) und „risikoreiche“ (Dachdecker, 100% körperlich tätig) Beruf bewertet.

Wie sehen die Ergebnisse aus?

Da die Versicherungsbedingungen (die einzig wirklich messbare Größenordnung) nur mit 50% bewertet werden, gibt es sehr interessante Ergebnisse. Die Darstellung der besten Tarife für dies beiden geprüften BU-Gruppen wurde so vorgenommen, wie ich es befürchtet hatte. Genau so, wie in der Praxis überwiegend beraten wird. Nämlich oberflächlich und „sterneorientiert“ anhand zweifelhafter Prüfkriterien. Man gebe die „Grunddaten“, also z. B. Mann, 30 Jahre, Nichtraucher, Notar (Akademiker, 100% Bürotätigkeit), Versicherungsdauer und Leistungsdauer 37 Jahre, 1.500 € garantierte mtl. BU- Rente, monatliche Zahlweise, Überschusssystem Sofortrabatt, min. 4 Sterne im M&M BU-Rating ein und sortiere dann nach dem Preis.

Wer ist denn nun der beste Anbieter?

eines vorweg: es gibt mehrere beste Anbieter.

Im einzelnen sind das

Gothaer, Barmenia, HanseMerkur, WWK, Volkswohl Bund, Württembergische, Continentale, InterRisk, IDUNA, Allianz und Öffentliche Leben.

Alles ohne Frage wunderbare Versicherer. Aber sind das „die besten“ BU-Versicherer?

Ich meine: Nein!

Sehen wir uns doch einmal an, welche Punkte in den Versicherungsbedingungen der „besten“ Anbieter nicht oder nicht gut geregelt sind. Bei anderen Anbietern aber möglich wären (keine abschließende Aufführung):

Das versicherte Ereignis „Kräfteverfall“ ist an den Zusatz „mehr als altersentsprechend“ gebunden.
Die Arztanordnungsklausel ist nicht sauber formuliert und lässt den Versicherern viel Spielraum.
Der Verzicht auf abstrakte Verweisung ist nicht vorhanden oder nicht klar definiert. Ansich ein absolutes KO-Kriterium!!!
Die zumutbare Einkommensreduzierung ist dicht definiert.
Definition bei Ausscheiden aus dem Beruf nicht vorhanden oder unklar.
Kein Verzicht auf ein befristetes Anerkenntnis.
Kein Verzicht auf die Anwendung des §163 VVG.
Keine Leistungserhöhung ohne Ereignis.
Keine garantierte Leistungsfalldynamik.
Keine Zahlung bei längerer Krankschreibung.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Aber ist das nicht schon alles schlimm genug?

Das Urteil:

Mir fehlen die Worte!

Das eigentlich schlimme ist, dass nun wieder zahlreiche ahnungslose Journalisten dieses Rating ungeprüft übernehmen werden. Unzählige ahnungslose Versicherungsmakler werden nach wir vor ungeprüft die Sternchentarife empfehlen und auch die Beratungsstellen der Verbraucherzentralen auf diese Software zurück greifen. Leser, Kunden und Verbraucher werden in die Irre geführt.

Bitte vertrauen Sie niemals einem Sternchenrating!

Finanztest testet (schon wieder) BU-Versicherungen

15. Juni 2011 in BU-Versicherungen, Finanztest / Stiftung Warentest

Ich hatte ja gestern schon ganz kurz zum aktuellen Test der Zeitschrift Finanztest zum Thema Berufsunfähigkeits-Versicherungen (BUV) meinen ersten Eindruck beschrieben.

Heute komme ich meinem Versprechen nach, und gehe etwas genauer auf den Test aus der Finanztest Ausgabe 07/2011 ein:

Das Positive Vorweg:
Dem geneigten Leser wird ans Herz gelegt, sich an einen Versicherungsmakler oder an einen Versicherungsberater zu wenden.
Allerdings lebt bei Finanztest noch das Märchen von anonymen Risikovoranfragen. Das man das als Profi ganz anders löst, können die Finanztester natürlich nicht wissen, da sie auf diesem Gebiet eben nur Amateure sind.

Die Testsystematik:
Es wurden alle in Deutschland niedergelassenen Anbieter von Berufsunfähigkeitsversicherungen angeschrieben und nach BU-Schutz für „Modellkunden“ gefragt. Die Versicherer sollten das preiswerteste Angebot einreichen.

Anschließend wurden die Angebote untersucht. Untersucht wurden die Angebote, die den „Modellkunden“ entsprechen. Die Modellkunden sind Diplomkaufleute und Pflegekräfte in Altenheimen.

Welche Kriterien wurden angesetzt?
Mit 10% ging das versicherbare Endalter der Modellkunden in die Wertung ein.
Mit 20% wurden die Anträge bewertet. Warum es positiv bewertet wurde, wenn ein Versicherer nicht nach bereits abgelehnten oder zu erschwerten Bedingungen angenommen Anträgen fragt, ist mir unklar. Jeder Versicherung fragt bei Antragseingang ohnehin das Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft (HIS) an und erhält diese Auskünfte sowieso!
Mit 70% gingen die Versicherungsbedingungen ist das Testurteil ein. Das ist grundsätzlich sehr erfreulich, aber natürlich kommt es darauf an, welche Bedingungspunkte bewertet wurden.

Und genau hier offenbart sich die ganze Schwäche dieses Tests:

Es wurden ausschließlich Punkte bewertet, die ohnehin die überwiegende Mehrzahl der Anbieter in die Versicherungsbedingungen geschrieben hat. Feinheiten blieben wieder einmal unberücksichtigt. Und: Es wurden nur neun Kriterien bewertet!!!

Immerhin wurde der Punkt „Befristetes Anerkenntnis der BU-Leistung“ zusätzlich betrachtet. Allerdings mutmaßlich falsch analysiert. Es scheint so, als sei eine Angabe des Befristungszeitraums genau so gut bewertet worden, wie der Verzicht auf die Befristung.

Das Ergebnis
Ist vorhersehbar. 52 Tarife wurden getestet. Davon schnitten 30 mit „sehr gut“ und 22 mit „gut“ ab.

Fazit
Ich hätte nicht gedacht, dass die BUV-Tests der Finanztest qualitativ noch schlechter werden könnten. Aber: Der Beweis wurde angetreten. Vielleicht sollte der nächste Test noch weniger Kriterien ansetzen.

Das einzig halbwegs brauchbare an diesem Test ist die Empfehlung, sich an einen Versicherungsmakler oder Versicherungsberater zu wenden. Und auch diese Empfehlung ist lückenhaft. Richtig müsste es lauten:

Wenden Sie sich an einen auf Berufsunfähigkeitsversicherungen spezialisierten Versicherungsmakler oder Versicherungsberater!

Hier kann man übrigens die Motivation des Chefredakteurs von Finanztest für diesen Test machlesen:

https://twitter.com/#!/hjtenhagen/status/81329053222703104

Wie kann man nur so dreist sein?

Verwandte Links: BU-Test 2010 Finanztest           Finanztest und die Analyse zur PKV

Sie werden es niemals lernen!

14. Juni 2011 in BU-Versicherungen, Finanztest / Stiftung Warentest

Gerade flattert die aktuelle Ausgabe der „Finanztest“ auf meinen Schreibtisch (Ausgabe 7/2011).
wieder einmal testet man Berufsunfähigkeits-Versicherungen (BU-Versicherungen).

Ich habe gerade mal eine Minute gebraucht um zu erkennen, dass man hier wieder ganze Arbeit geleistet hat. Also im Sinne von „Wir verstehen zwar nicht, was wir hier testen, aber wir machen es immer wieder“.

Wieder einmal wurden „Modellkunden“ herangezogen. Die Testkriterien wurden gegenüber dem letzten Test nochmals reduziert.

Ich versuche, wenn sich meine Übelkeit bis dahin gelegt hat, vor meinem Urlaub noch etwas konkreter zu werden.

Ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung für mich sinnvoll?

23. Mai 2011 in BU-Versicherungen

Eine junge Frau fragt, ob es für Sie sinnvoll ist, jetzt schon eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) abzuschließen oder ob Sie bis zu Ihrer staatlichen Anerkennung als Erzieherin warten soll. Sie überlegt, ob Sie eine BU-Rente in Höhe von 1.000 EUR abschließen soll.

Die Frage, ob der Abschluss einer BU-Versicherung sinnvoll ist, lässt sich ganz klar beantworten. Meine Antwort an die junge Frau möchte ich hier einstellen, da sie vielleicht von allgemeinem Interesse ist:

Der Abschluss einer BU-Versicherung sollte grundsätzlich so früh wie möglich erfolgen. Es spricht aus meiner Sicht nichts dafür, bis zur staatlichen Anerkennung damit zu warten. Was die Höhe der versicherten BU-Rente angeht, sollte sich diese an Ihrem Einkommen orientieren. Wenn Sie also Ihr Nettoeinkommen zuzüglich Kosten für die Krankenkasse, die Sie ja komplett selber bezahlen müssen, wenn Sie berufsunfähig sind und zuzüglich einem leider nicht wirklich genau definierbaren Wert für die Steuern, die Sie beim Bezug einer BU-Rente zu zahlen haben versichern, liegen Sie hier ganz gut.

Bei den Versicherungsgesellschaften gibt es aber auch Höchstsätze, die versicherbar sind. Je nach Anbieter sind das 70% vom Nettoeinkommen bis 2/3 vom Bruttoeinkommen. 1.000 EUR sind davon unabhängig im Regelfall aber immer möglich.

Sie sollten unbedingt darauf achten, dass Sie die BU-Rente in den nächsten Jahren ohne erneute Gesundheitsprüfung erhöhen können, weil sich nach Ihrer staatlichen Anerkennung im Normalfall ja Ihr Gehalt erhöhen wird. Zudem ist in Ihrem Alter auch noch gar nicht absehbar, wie sich Ihr weiterer Berufsweg entwickelt. Vielleicht studieren Sie ja später noch Pädagogik, erlangen damit einen höheren Abschluss und verdienen eventuell auch mehr. Oder Sie gehen in eine ganz andere berufliche Richtung. Daher ist es wichtig, dass in den Versicherungsbedingungen Erhöhungsmöglichkeiten der BU-Rente eindeutig geregelt sind.

Es gibt übrigens keinen gesetzlichen Versicherungsschutz für den Fall einer Berufsunfähigkeit! Nur bei einer Erwerbsminderung gibt es einen gesetzlichen Versicherungsschutz. Erwerbsminderung bedeutet, dass Sie gar keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben können, sofern diese weniger als drei Stunden pro Tag beträgt (volle Erwerbsminderung) bzw. weniger als sechs Stunden pro Tag beträgt (halbe Erwerbsminderung). Der Anspruch ist aber an die Bedingung geknüpft, dass Sie bestimmte Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurück gelegt haben und somit überhaupt erst einmal dem Grunde nach ein Versicherungsschutz besteht. In Ihrem Alter dürfte sich das, wenn überhaupt, kaum nennenswert auswirken. Im Fall der Fälle, also bei einer vollen Erwerbsminderung, bleibt Ihnen nur die so genannte Grundsicherung. Wir sprechen hier von einem Betrag von (im schlechtesten Fall) 359 EUR monatlich.

Berufsunfähigkeit hingegen kann aufgrund „Krankheit“, „Körperverletzung“ oder „mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall“ eintreten. So formuliert es das Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Mit Beruf ist die vor Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübte berufliche Tätigkeit gemeint. Aber Achtung: Bereits hier gibt es je nach Versicherung sehr unterschiedliche und oft für den Versicherten nachteilige Regelungen.

Für die Zahlung der BU-Rente ist es gem. VVG erforderlich, dass der Beruf voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden kann. Im Regelfall wird hier ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten als „auf Dauer“ angesehen.

Diese Regelung ist für alle BU-Versicherungen gültig. Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechender Kräfteverfall müssen dabei keine Folge der Berufsausübung sein.

Sie sehen jetzt also, warum eine private BU-Versicherung so wichtig ist.

Eine BU-Versicherung sollte eine Leistungs- und Versicherungsdauer bis zum voraussichtlichen Eintritt der gesetzlichen Rente haben. Das ist momentan das 67. Lebensjahr.

Soweit die allgemeinen Punkte. Wenn es um die Auswahl des für sie bedarfsgerechten Tarifs/Anbieters geht, sind viele Kriterien zu bewerten. Hier stoßen Sie als Laie, genau wie mindestens 90% der Versicherungsvermittler, aber leider schnell an Ihre Grenzen. Kaum ein Verbraucher kann sich hinsetzen und alle am Markt vertretenen Bedingungswerke der einzelnen Versicherungsgesellschaften lesen und vergleichen. Und wie bereits angedeutet, können trotz diverser Vergleichsprogramme auch mindestens 90% der Versicherungsvermittler die entscheidenden Unterschiede nicht verstehen.

Geeignete Ansprechpartner für die Auswahl einer bedarfsgerechten Berufsunfähigkeitsversicherung sind Versicherungsberater und Versicherungsmakler. Jedoch nur, wenn der Tätigkeitsschwerpunkt auch den Bereich der BU-Versicherungen umfasst. Ob jemand Versicherungsberater, Versicherungsmakler oder Vertreter ist, muss er oder sie Ihnen beim geschäftlichen Erstkontakt schriftlich mitteilen. Überprüfen können und sollten Sie das unter Vermittlerregister
Wer in diesem Register nicht steht, darf Sie gar nicht beraten.

Was die einzelnen Kriterien angeht, möchte ich mich auf eine Auswahl beschränken, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt (Maßgeblich sind die Versicherungsbedingungen! Nicht die Hochglanzprospekte und keine mündlichen Aussagen des Beraters/Vermittlers):

  • Wie ist der Beruf definiert?
    Was gilt als zuletzt ausgeübter Beruf?
  • Sind Krankheit, Körperverletzung und Kräfteverfall (ohne Einschränkung auf „mehr als altersentsprechend“) als BU-Gründe genannt?
  • Ist die Dauer der Beeinträchtigung definiert? (sechs Monate bestehende BU und zusätzlich alternativ voraussichtlich sechs Monate bestehende BU)
    Wird die Leistung auch Rückwirkend erbracht?
  • Welche Möglichkeiten hat der Versicherer, Ihnen die Befolgung ärztlicher Anordnungen aufzuerlegen, damit Sie die BU-Rente erhalten (Hilfsmittel, Behandlungen, Operationen)?
  • Kann der Versicherer Ihnen vorschreiben, dass Sie einen anderen Beruf ausüben müssen (abstrakte Verweisung) oder verzichtet er ausdrücklich darauf?
  • Was geschieht hinsichtlich der Prüfung des zuletzt ausgeübten Berufs, wenn Sie vorübergehend oder länger aus dem Berufsleben ausscheiden?
  • Wie wird ein Wechsel Ihres Berufs hinsichtlich des Anspruchs auf die BU-Rente geprüft?
  • Ist die zumutbare Einkommensreduzierung im BU-Fall definiert?
    Werden Ausbildung, Erfahrung und soziale Wertschätzung (Lebensstellung) geprüft und wenn ja wie sind diese definiert?
  • Erbringt der Versicherer seine Leistung, so lange Sie BU sind, unbefristet oder kann er seine Leistungen befristen?
  • Welche Ausschlüsse bestehen?
    Verkehrsdelikte?
    ABC-Waffen / Strahlen?
    Terror und Kriegsereignisse?
  • Gilt die Versicherung weltweit? Auch wenn Sie Ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen?
  • Wird die BU-Rente dynamisch erhöht?
    Auch garantiert im Leistungsfall (also bei bestehender BU)?
  • Gibt es klar geregelte Kriterien, wann und wie Sie Ihre BU-Rente ohne erneute Gesundheitsprüfung erhöhen können?

Die zehn wichtigsten Fragen zur BU-Versicherung

7. Februar 2011 in BU-Versicherungen

Für wen ist die Berufsunfähigkeitsversicherung empfehlenswert?

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für alle empfehlenswert, die von Ihrem Arbeitseinkommen leben. Also für alle Arbeiter, Angestellte, Beamte, Gewerbetreibende und Freiberufler. Aber auch Studenten, Auszubildende und Schüler sollten sich bereits mit dem Thema Berufsunfähigkeitsversicherung auseinander setzen.

Bei Schülern, Studenten und Beamten gibt es viele Besonderheiten zu beachten. Nur sehr wenige Versicherer bieten hier bedarfsgerechte Lösungen. Beamte sollten immer auf eine BU-Versicherung zurück greifen, bei der die amtsärztlich festgestellte Dienstunfähigkeit für eine Leistungspflicht des privaten BU-Versicherers bereits ausreicht.

Welches sind die häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit?

Mit rund jeweils 24% führen Erkrankungen des Skeletts und Bewegungsapparats sowie psychisch bedingte Krankheiten bzw. Nervenkrankheiten die Statistik an. Krebs und andere bösartige Geschwülste sind mit rund 14%, Herz- und Kreislauferkrankungen mit rund 11% weitere BU-Gründe. Rund 11% aller von Berufsunfähigkeit Betroffenen sind Unfallopfer. Aus dieser Statistik wird klar, dass eine BU-Versicherung nicht nur für körperlich tätige Berufstätige eine wichtige Absicherungsform ist.

Wie wird Berufsunfähigkeit definiert?

Laut Versicherungsvertragsgesetz ist berufsunfähig, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge von Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann. Auf Dauer bedeutet, zumindest bei den Versicherern mit kundenfreundlichen Versicherungsbedingungen, dass der Zustand der Berufsunfähigkeit sechs Monate bestanden haben muss oder voraussichtlich mindestens sechs Monate bestehen wird.

Wie gehe ich mit den Fragen im Antragsformular der Versicherung um?

In den Anträgen der Versicherungsgesellschaften werden Fragen zu risikoreichen Hobbys, geplanten Auslandsaufenthalten, zum Einkommen, zu bestehenden Erkrankungen, Leiden und Behinderungen sowie dem Gesundheitszustand der letzten fünf bis zehn Jahre gestellt. Bestimmte Erkrankungen, wie zum Beispiel eine HIV-Infektion, werden zeitlich unbefristet gestellt. Alle Fragen müssen zwingend vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet werden. Wenn Fragen unzutreffend oder unvollständig beantwortet werden, dann ist die Versicherungsgesellschaft nicht verpflichtet, im Falle einer BU eine Leistung zur erbringen. Die Versicherung darf den Vertrag sogar kündigen oder von Beginn an widerrufen. Die gezahlten Beiträge werden nicht zurück erstattet. Im schlimmsten Falle droht sogar eine Anzeige wegen Betrugs.

Insbesondere bei der Beantwortung der Fragen zum Gesundheitszustand gibt es häufig Probleme. Viele Menschen können sich nicht mehr an alle Krankheiten, Beschwerden und Arztbesuche der letzten fünf bis zehn Jahre erinnern. Unseriöse Versicherungsvermittler versuchen die Kunden oftmals mit Verharmlosungen zu einem schnellen Vertragsabschluss zu bringen. Das kann fatale Folgen haben, nämlich wie oben genannt den Verlust des Versicherungsschutzes.

Bevor ein Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung gestellt wird, sollte man sich mit seinen Ärzten in Verbindung setzen und sich eine Kopie seiner eigenen Akte geben lassen. Die Ärzte sind hierzu verpflichtet. Man sollte sich auf keinen Fall abwimmeln lassen. Von seiner Krankenkasse kann man übrigends keine Hilfe erwarten. Die Kassen speichern die Daten zu den Vorerkrankungen nicht bzw. geben diese nicht heraus.

Ein erfahrener und auf BU-Versicherungen spezialisierter Versicherungsmakler kann auf Basis der Informationen abschätzen, ob mit Problemen bei der Annahme des Antrags durch die Versicherer zu rechnen ist. In diesem Falle wird ein versierter Versicherungsmakler zunächst informell bei den für den Kunden geeigneten Anbietern Risikovoranfragen stellen. Es sollte auf jeden Fall vermieden werden, Anträge ohne diese Vorprüfung einzureichen, weil ansonsten Negativeinträge im   Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft drohen.

Wann zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt die monatliche Rente, wenn der Versicherte wegen Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall seinen Beruf ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann. Bei den Versicherern mit verbraucherfreundlichen Versicherungsbedingungen muss dieser Zustand sechs Monate andauern und ein Berufsunfähigkeitsgrad von mindestens 50% vorliegen. Die Berufsunfähigkeit muss durch einen Arzt festgestellt werden. Der Versicherte kann sich an einen Arzt seiner Wahl wenden.

Wie gehe ich mit Leistungsausschlüssen und Risikozuschlägen um?

Viele Anträge werden von den Versicherungsgesellschaften nicht wie gewünscht angenommen. Stattdessen verlangen die Versicherer häufig einen Beitragszuschlag wegen bestehender Erkrankungen oder schließen bestimmte Krankheiten vom Versicherungsschutz aus. Die Erfahrung zeigt, dass mit einer sachlichen Argumentation gegenüber der Risikoprüfungsabteilung des Versicherers oftmals eine Verbesserung zu Gunsten des Kunden erreicht werden kann.

Bei Ausschlüssen sollte darauf geachtet werden, dass diese klar abgrenzbar und nicht zu weitreichend sind. Der pauschale Ausschluss eines gesamten Körperteils, z. B. der Augen, ist nicht akzeptabel. Zumindest sollte eingeschränkt werden, dass dieser Ausschluss nicht bei bösartigen Tumoren oder Unfällen gilt.

Kann ich meine BU-Rente während der Vertragslaufzeit erhöhen?

Eine Erhöhung ist unter Beachtung der Angemessenheit zwischen der versicherten BU-Rente und dem Arbeitseinkommen grundsätzlich jederzeit möglich. Allerdings ist dafür eine erneute Überprüfung des Gesundheitszustands durch Beantwortung der Fragen zum Gesundheitszustand erforderlich. Hat sich der Gesundheitszustand seit Beginn des Vertrags also verschlechtert, ist oftmals keine Erhöhung der BU-Rente möglich.

Man sollte daher darauf achten, dass der Versicherer Erhöhungsmöglichkeiten als Folge bestimmter Ereignisse oder in den ersten Versicherungsjahren anbietet, bei denen keine Gesundheitsprüfung verlangt wird.

Wie hoch sollte die versicherte BU-Rente sein?

Die versicherte BU-Rente muss im Ernstfall das Arbeitseinkommen ersetzen. Die Absicherung sollte also 100% des Nettoeinkommens betragen. Zusätzliche Kosten für eventuell bestehende Zuschüsse des Arbeitnehmers zur Krankenversicherung oder Fahrtkostenersatz, Aufwendungen für Steuerzahlungen und für die Altersvorsorge können diesen Bedarf erhöhen. Jede Versicherungsgesellschaft hat individuelle Höchstsätze für die versicherbare BU-Rente in ihren Annahmerichtlinien verankert. Oftmals können 100% des Nettoeinkommens gar nicht abgesichert werden. Bei einer ausführlichen Marktanalyse lassen sich aber Anbieter finden, die sehr nah an eine für den Kunden auskömmliche Regelung heran kommen.

Welche Vertragslaufzeiten sollten gewählt werden?

Das ist abhängig vom Eintritt der Altersrente. Die meisten Menschen werden nach dem heutigen Stand der Dinge bis zum 67. Lebensjahr arbeiten müssen. Daher sollte auch eine Versicherung gegen die finanziellen Folgen einer Berufsunfähigkeit bis zum 67. Lebensjahr abgeschlossen werden. Manche Berufe können nur bis zum 60. oder gar 55. Lebensjahr abgeschlossen werden. Hier gibt es von Versicherer zu Versicherer starke Unterschiede.

Welche Punkte sollten in den Versicherungsbedingungen enthalten sein?

Der für den jeweiligen Versicherten bedarfsgerechte Versicherungsschutz ist letztendlich eine Kombination aus vielen einzelnen Punkten, die sich ergänzen müssen und in ihrer Gesamtheit betrachtet werden sollten.

Wichtige Punkte sind mit Sicherheit:
Verzicht auf die abstrakte Verweisung, Verkürzung des Prognosezeitraums auf sechs Monate, Nachversicherungsgarantien ohne erneute Gesundheitsprüfung, Verzicht auf Änderung oder Kündigung bei schuldloser Anzeigepflichtverletzung, Geltungsbereich, Antragsfragen, versicherbares Endalter, Beitragsstundung während der Leistungsprüfung, Regelung zur Umorganisation des Arbeitsplatzes, Ausbaugarantie ohne Ereignis und ohne erneute Gesundheitsprüfung, Kriegsklausel, Definition der bisherigen Lebensstellung, Verzicht auf befristetes Anerkenntnis, Regelung bei vorübergehendem und endgültigem Ausscheiden aus dem Beruf, Einschluss fahrlässiger Verstöße, Verzicht auf Prüfung des vorher ausgeübten Berufes bei Berufswechsel.

Finanztest testet BU-Versicherungen

20. Juni 2010 in BU-Versicherungen, Finanztest / Stiftung Warentest

Mal wieder ein Test zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherungen in der Zeitschrift Finanztest aus dem Hause Stiftung Warentest (Ausgabe Juli  2010). Leider haben sich die Finanztester bei diesem Test wieder einmal nur sehr oberflächlich mit der Materie beschäftigt.

Aber der Reihe nach:

Aufmacher für das Thema BU-Versicherungen war diesmal die Schlagzeile „Selten nach Wunsch“.

Hintergrund war eine Versuchsanordnung, in welcher 274 Probanden eine Berufsunfähigkeits-Versicherung abschließen sollten. Lt. Angabe der Finanztest ging das nur in einem Viertel der Fälle „glatt“.  Gemeint ist damit, dass die BU-Versicherer in 75% der Fälle mit Ablehnungen oder Risikozuschlägen und/oder Ausschlüssen reagiert haben. Mich persönlich überrascht dieses Ergebnis nicht. Mutmaßlich wurden hier Anträge gestellt, die vorher nicht von einem auf BU-Versicherungen spezialisierten Vermittler/Berater mit der Risikoabteilung des entsprechenden Versicherungsunternehmens durchgesprochen wurden und/oder keine aussagekräftig aufbereiteten Unterlagen zu Vorerkrankungen oder sonstigen Risiken eingereicht wurden. Die Quote der von mir eingereichten und vorher sauber ausgearbeiteten und durchgesprochenen Anträge, die ohne Ausschluss, Risikozuschlag oder Ablehnung wie beantragt angenommen werden, liegt deutlich höher.

Im Artikel der Finanztest verwundert die Aussage, dass man zunächst bei den vergleichsweise preiswerten Anbietern (von Finanztest mit sehr gut oder gut bewertet) anfragen solle. Obgleich im selben Absatz darauf hingewiesen wird, dass gerade diese Anbieter nicht sehr annahmefreundlich seien.

Im Weiteren erfolgen einige undifferenzierte Aussagen wie „einmal abgelehnt, immer abgelehnt“ oder auch, dass Arztberichte sehr gefährlich seien. Das stimmt, wenn man keine Ahnung hat, wie man damit umgeht. Den Warnungen vor Vermittlern, die den Kunden zur Verharmlosung von Vorerkrankungen auffordern, kann ich mich allerdings vorbehaltlos anschließen. Hier wird der Versicherungsschutz fahrlässig und teilweise mutmaßlich sogar vorsätzlich gefährdet.

Wenn die Finanztester endlich einmal begreifen würden, dass beratungsintensive und sensible Themen wie BU-Versicherungen in die Hände von Profis gehören, dann wäre viel gewonnen. Aber dieser Rat verkauft sich natürlich schlechter, als eine Horrorgeschichte.

Am Ende des Artikels folgt dann das Unvermeidliche. Ein Test der Finanztester, der es in sich hat. Auf der Basis der Kriterien

  • Verzicht auf die abstrakte Verweisung
  • Verkürzung des Prognosezeitraums auf sechs Monate
  • Nachversicherungsgarantien ohne erneute Gesundheitsprüfung
  • Befristung der BU-Leistung (Bewertung wird undifferenziert dargestellt!)
  • Verzicht auf Änderung oder Kündigung bei schuldloser Anzeigepflichtverletzung
  • Geltungsbereich
  • Antragsfragen
  • Endalter
  • Versicherbare Berufe
  • Netto-Jahresbeitrag (ohne Überschüsse)

Das war alles!

Ergebnis: 39 (in Worten: Neununddreißig) Tarife wurden mit „sehr gut“ bewertet. Liebe Finanztester: Geht’s noch? Wer so testet, der sollte doch lieber beim Vergleich von Toastern oder Girokonten bleiben. Obwohl hier ja auch nicht immer „unfallfreie“ Ergebnisse präsentiert wurden.

Die Testkriterien sind nicht nur völlig unzureichend, sondern auch teilweise sonderbar.

Den Verzicht auf die abstrakte Verweisung hat nun ja fast jeder Anbieter in seine Bedingungen geschrieben. Aber vielleicht sollte man auch einmal darauf achten, was bei der Nachprüfung passiert!? Der Prognosezeitraum ist auch fast überall auf sechs Monate reduziert. Wenn auch nicht bei allen Tarifen, die mit „sehr gut“ von der Finanztest eingestuft wurden. Die Kriterien für die Nachversicherungsgarantie ignorieren die Variante „Ausbau- oder Erhöhungsoption“ ohne Ereignis. Der Test gibt keinen Aufschluss darüber, ob die Möglichkeit einer befristeten Leistungsanerkennung mit Angabe der Dauer genauso gut bewertet wird, wie ein genereller Verzicht auf ein befristetes Anerkenntnis. Der Punkt „Verzicht auf Änderung oder Kündigung bei schuldloser Anzeigepflichtverletzung“ ist bereits im Versicherungsvertragsgesetz geregelt. Aber bitte, von mir aus! Geltungsbereich (Ausland) ist sinnvoll, allerdings nur, wenn man gleichzeitig untersucht, ob der Versicherer auf eine Untersuchung im Inland verzichtet. Die Antragsfragen wurden bewertet. Negativ bewertet wurde die Frage, ob schon anderweitig Anträge gestellt wurden. Kein Kommentar! Wie genau Endalter und versicherbare Berufe geprüft wurden, lassen wir einmal dahingestellt. Es obliegt jedem Kaufmann, welche Geschäfte er machen möchte. Auch einem Versicherungsunternehmen muss man dieses Recht zugestehen. Nicht ganz verständlich ist die Angabe „Netto-Jahresbeitrag“ (ohne Überschüsse). Leute, das wäre der Bruttobeitrag. Und den habt Ihr Finanztester eben mal ignoriert! Ist ja auch nicht so wichtig, wenn der Beitrag sich um 100 -150% erhöht. Zudem ist es lächerlich, nur einen Beruf (Diplom-Kaufmann / Diplom-Kauffrau) zu bewerten.

Warum wurden wesentliche Kriterien ignoriert? Darüber kann man nur spekulieren. Entweder fehlt es an der erforderlichen Fachkenntnis oder die Liste wäre zu kurz geworden. Und wenn da nicht die Wunschkandidaten dabei gewesen wären… Lassen wir das.

Zwingend hätten u. a. folgende Kriterien mit in die Wertung genommen werden müssen:

  • Beitragsstundung während der Leistungsprüfung
  • Regelung zur Umorganisation des Arbeitsplatzes
  • Ausbaugarantie ohne Ereignis und ohne erneute Gesundheitsprüfung
  • Kriegsklausel
  • Definition der bisherigen Lebensstellung
  • Verzicht auf befristetes Anerkenntnis
  • Regelung bei vorübergehendem und endgültigem Ausscheiden aus dem Beruf
  • Einschluss fahrlässiger Verstöße
  • Verzicht auf Prüfung des vorher ausgeübten Berufes bei Berufswechsel

und einige Punkte mehr.

Fazit: Dieser Test ist eine glatte Fehlleistung. Wer sich daran orientiert, landet mit 90% Sicherheit beim falschen Tarif.

Aber ich kann mich nur wiederholen: Wer keine Qualifikation nachweisen muss, seine Beratung nicht dokumentieren muss und für seine Aussagen nicht haftet, der darf für die Auflage schreiben. Erbärmlich!

Seit dem 14.06.2011 ist die Ausgabe 07/11 mit einem neuen Test im Umlauf.

Bisherige Lebensstellung in der BU

9. April 2010 in BU-Versicherungen

Der Begriff der bisherigen Lebensstellung ist einer von vielen Begriffen in der Berufsunfähigkeitsversicherung, der dem Laien oftmals Verständnisprobleme bereitet. Anhand eines  Urteils des OLG Oldenburg vom 05.02.2010 (Az.: 5 U 4/10) soll dieser Begriff beispielhaft dargestellt werden.

Dazu führt § 172 (3) VVG aus:

Als weitere Voraussetzung einer Leistungspflicht des Versicherers kann vereinbart werden, dass die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die zu übernehmen sie auf Grund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Im vorliegenden Fall hat ein junger gelernter Metallbauer, der kurz vor dem Ende seiner Ausbildung eine BU-Versicherung abgeschlossen hatte, wegen einer Nickelallergie Leistungen von der Versicherung beansprucht. Der junge Mann war nach dem Ende seiner Berufsausbildung mehrfach arbeitslos bzw. kurzzeitig in verschiedenen Tätigkeiten beschäftigt, für die es keine spezielle Ausbildung als Metallbauer bedurfte, wenngleich die Einstellungsvoraussetzung für seine Tätigkeit eine abgeschlossene Ausbildung als Metallbauer war.

Wegen der bestehenden Nickelallergie beantragte der Mann die BU-Rente bei seinem Versicherer, da er in seinem Beruf nicht mehr tätig sein könne.

Das Gericht hatte sich jetzt mit der Frage zu beschäftigen, ob für den jungen Mann eine Tätigkeit als Metallbauer die aktuelle Lebensstellung darstellt, oder ob seine durch Arbeitslosigkeit und kurzfristige Beschäftigungen in Tätigkeitsfeldern, die ohne spezielle Ausbildung zu erledigen waren, als Lebensstellung anzusetzen seien.

Das Gericht kam zu der Überzeugung

Scheidet ein Versicherter wegen einer angeblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung aus einem erst kurz zuvor begründeten Arbeitsverhältnis aus, so lässt sich in der Regel nicht davon sprechen, dass allein dieses Arbeitsverhältnis seine „bisherige Lebensstellung“ im Sinne der Versicherungs-Bedingungen geprägt hat. Vielmehr ist in derartigen Konstellationen eine in zeitlicher Hinsicht umfassendere Betrachtung geboten.

Das gilt in besonderem Maße, wenn die Erwerbsbiografie eines Versicherten von wechselnden beruflichen Tätigkeiten oder Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit gekennzeichnet ist, ohne dass diese Veränderungen auf dem behaupteten Leiden beruhen.

Durch die brüchige Erwerbsbiografie des Versicherten darf der Versicherer dem Versicherten zumuten, eine andere Tätigkeit auszuüben, in der er nicht mit Nickel in Berührung kommt.

Beamte und BU

20. Februar 2010 in BU-Versicherungen

Die Absicherung der finanziellen Folgen des Verlustes der Arbeitskraft ist ansich schon ein komplexes Thema. Besonders spannend wird es aber dann, wenn es sich um bestimmte Berufe oder Berufsgruppen handelt, die durch spezielle rechtliche Konstellationen einer besonderen Betrachtung bedürfen.

Heute möchte ich mich der Berufsgruppe „Beamte“ widmen.
Beamte benötigen in ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung zwingend eine Dienstunfähigkeitsklausel. Es wird zwischen allgeminer und spezieller Dienstunfähigkeitsklausel unterschieden. Bei Verwaltungsbeamten und Lehrern genügt die allgemeine Dienstunfähigkeitsklausel. Vollzugsbeamte benötigen die spezielle Dienstunfähigkeitsklausel (Vollzugsdienstunfähigkeitsklausel).

Es gibt nur sehr wenige Anbieter, die hier einen passenden Versicherungsschutz anbieten. Zu beachten sind die genaue Formulierung der DU-Klausel, mögliche Nachprüfungsmöglichkeiten durch den Versicherer und mögliche Befristungen der Leistungen. Auch die maximal mögliche Versichrungsdauer ist zu beachten.

Der Status eines Beamten ist ebenfalls ein wesentlicher Faktor bei der Beratung zum Thema Dienstunfähigkeitsversicherung. Beamte auf Widerruf haben keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Leistung im DU-Fall. Beamte auf Probe erhalten nur bei einem Dienstunfall eine Leistung. Erst Beamte auf Lebenszeit haben einen Versorgungsanspruch. Dieser ist aber zu Beginn noch sehr gering.

Krebs oder nicht Krebs?

6. Januar 2010 in BU-Versicherungen

Eine besondere Versicherungsform im Bereich der Absicherung der Arbeitskraft stellt die Versicherung gegen schwere Krankheiten (auch Dread Disease Versicherung genannt) dar. Bei dieser Versicherungsform wird die Versicherungsleistung nicht bei Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, sondern beim Eintritt vorher genau definierter Krankheiten (z. B. Krebs, Schlaganfall, Herzinfarkt u. a.) fällig. In Abgrenzung zur BU- oder EU-Versicherung wird zudem keine monatliche Rente, sondern eine einmalige Kapitalabfindung an die versicherte Person oder den Versicherungsnehmer gezahlt.

Die in diesen Verträgen definierten Krankheiten unterscheiden sich von Versicherungsgesellschaft zu Versicherungsgesellschaft. Insbesondere ist aber wichtig, die Definition genau zu lesen. Denn auch für die Versicherung gegen schwere Krankheiten gilt das, was ich immer wieder betone: Sie haben nur einen rechtssicheren Anspruch auf Leistungen, die Ihnen der Versicherer in den dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen zusichert!

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in einem Beschluss am 10.12.2009 (Az.: 5 U 87/09) über die Klage einer Versicherungsnehmerin entschieden. Was war geschehen? Die Versicherungsnehmerin war im März 2007 an Brustkrebs erkrankt. Der Brustkrebs, an dem die Versicherungsnehmerin erkrankte, streute glücklicherweise nicht. Es handelte sich um ein Karzinom in situ.

Die Frau begehrte aufgrund der Diagnose Krebs nun die Zahlung der vereinbarten Versicherungssumme vom Versicherer, da in der Police eine Leistung für Krebserkrankungen angegebn war. Der Versicherer wies den Anspruch der Kundin zurück, weil Carcinoma in situ nicht zu den versicherten Krankheiten zählen würden. Daraufhin klagte die Frau.

Das Gericht hatte sich nun damit zu beschäftigen, ob es sich dabei um eine für die Kundin „überraschende Klausel“ oder gar um eine Täuschung der Kundin handle.

Das Gericht kam, wie bereits die Vorinstanz (Landgericht Aurich), zu dem Ergebnis, dass der Ausschluss bestimmter Krankheiten mit genauer Definition der jeweiligen Krankheit die Grundlage für eine sinnvolle Ausgestaltung des Versicherungsschutzes sei. Zum Vortrag der Kundin bezüglich der überraschenden Klausel bzw. der Täuschung durch den Versicherer führte das Gericht aus, dass die Versicherungsbedingungen so auszulegen sein, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsspezifische Fachkenntnisse bei aufmerksamer Durchsicht und Erkennen des Zusammenhanges verstehen müsse. Den medizinischen Fachbegriff Carcinoma in situ hätte die Frau selbst durch oberflächliche Recherche verstehen können.

Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen.

Achten Sie also bitte im eigenen Interesse immer ganz genau auf die Leistungsaussagen und Klauseln in den Versicherungsbedingungen. Lassen Sie sich Ihnen unklare Formulierungen erklären oder recherchieren Sie diese selber. Sie ersparen sich im Versicherungsfall sehr viel Ärger.

Das Urteil im Volltext finden Sie nachfolgend.

Gericht: OLG Oldenburg, 05. Zivilsenat
Typ, AZ: Beschluss, 5 U 87/09
Datum: 10.12.2009
Sachgebiet: Kein Sachgebiet eingetragen
Normen: BGB § 305c Abs 1, BGB § 305c Abs 2
Leitsatz: Wird bei einer für den Fall einer Krebserkrankung geschlossenen ´Versicherung bei schweren Krankheiten´ in den AVB eine Versicherungsleistung für Carcinoma in situ ausgeschlossen, so ist diese Regelung weder überraschend noch unklar.
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
5 U 87/09
2 O 943/07 Landgericht Aurich

Beschluss

In dem Rechtsstreit

M… C…, …,

Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin …

gegen

C… V…, …,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin …

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht
… und den Richter am Landgericht …

am 10. Dezember 2009

einstimmig beschlossen:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.05.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aurich wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 19.800 € festgesetzt.

G r ü n d e

I.
Die Parteien schlossen im Dezember 2003 einen Vertrag über eine ´Versicherung bei schweren Krankheiten´, wonach u.a. im Falle eines diagnostizierten Krebsleidens eine Einmalzahlung von 19.800 € erfolgen sollte. Im Versicherungsantrag wurde auf die Geltung der ´AVB Schwere Krankheiten VVA´ verwiesen, im Versicherungsschein auf § 2 Ziffer 1 dieser AVB, welcher folgenden Wortlaut hat:

Krebs
Vorliegen eines histologisch nachgewiesenen malignen Tumors, der charakterisiert ist durch eigenständiges Wachstum, infiltrative Wachstumstendenz und Metastasierungstendenz. Unter den
Begriff Krebs fallen auch die Tumorformen des Blutes, der blutbildenden Organe und des Lymphsystems. Ausgeschlossen sind alle Hautkrebserkrankungen, außer malignen Melanomen. Ausge
schlossen sind weiterhin Carcinomainsitu und Tumore bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion.

Im März 2007 wurde in der linken Brust der Klägerin ein duktales Carcinoma in situ entdeckt und operativ entfernt. Es folgte eine antihormonelle Therapie und eine Strahlentherapie.

Das Landgericht hat die auf Leistung der Einmalzahlung von 19.800 € gerichtete Klage abgewiesen, weil die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Ziffer 1 AVB nicht bewiesen habe. Aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T… ergebe sich vielmehr, dass es sich
bei dem bei der Klägerin vorliegenden Carcinoma in situ zwar um einen histologisch nachgewiesenen malignen Tumor mit eigenständigem Wachstum handele. Es fehle aber an der weiter vorausgesetzten Metastasierungstendenz, weil die Basalmembran noch nicht durchbrochen gewesen sei. Zwar bestehe auch bei scheinbar intakter Basalmembran ein sehr seltenes Risiko, dass es durch eine nicht nachweisbare Mikroinvasion zu einer Metastasierung komme. Hierfür hätten sich nach Auswertung der ScreeningAufnahmen und des histologischen Befundes bei der Klägerin aber keine Anhaltspunkte gefunden. Die von der Klägerin gegen die Wirksamkeit des Ausschlusses vorgebrachten Bedenken griffen nicht durch.

Mit ihrer Berufung vertieft die Klägerin ihre Auffassung, § 2 Ziffer 1 AVB verstoße gegen § 305 c Abs. 1 BGB. Die Beschränkung der unter den Begriff ´Krebs´ fallenden Erkrankungen auf Tumore mit Metastasierungstendenz sei überraschend. Darüber hinaus sei § 2 Ziffer 1 Satz 4 unklar, denn die Klausel lasse zum einen die Auslegung zu, dass Carcinoma in situ generell ausgeschlossen seien. Zum anderen könne sie jedoch auch dahin verstanden werden, dass Carcinoma in situ nur bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion ausgeschlossen seien. Mithin sei gemäß § 305c Abs. 2 BGB von letzterer Auslegung als der für sie günstigeren auszugehen.

II.
Die Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Klägerin stehen keine Ansprüche auf eine Versicherungsleistung zu.

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist für eine Anwendung von § 305 c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen, kein Raum. Voraussetzung hierfür wäre, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden Zweifel bleiben und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 112, 65. NJW 07, 504). Hieran fehlt es.

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 123, 83 und ständig) sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. Grundsätzlich ist auf den allgemeinen Sprachgebrauch abzustellen, bei Fachbegriffen außerhalb des allgemeinen Sprachgebrauchs, z.B. aus der Medizin, jedoch davon abweichend regelmäßig auf die fachwissenschaftliche Bedeutung (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 305c Rn. 16).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt keine objektive Mehrdeutigkeit vor.
Bei verständiger Würdigung wird der Versicherungsnehmer zunächst erkennen, dass nach der in Satz 1 der Klausel enthaltenen Definition nicht alle malignen Tumore vom Begriff ´Krebs´ erfasst werden, sondern nur solche, die eine Metastasierungstendenz aufweisen, also die auch dem medizinischen Laien als besonders gefährlich geläufige Tendenz, aus dem Verband auszuwandern und sich in fremden Geweben, wie Knochen, Lunge oder Gehirn, anzusiedeln. Satz 2 stellt klar, dass auch die Tumorformen des Blutes, der blutbildenden Organe und des Lymphsystems unter den Begriff ´Krebs´ fallen. Sodann folgen in den Sätzen 3 und 4 die Ausschlüsse. Nach Satz 3 sind alle Hautkrebserkrankungen außer malignen Melanomen ausgeschlossen. Nach Satz 4 sind ausgeschlossen ´weiterhin Carcinomainsitu und Tumore bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion´. Informiert sich der Versicherungsnehmer darüber, was sich hinter dem medizinischen Begriff Carcinomainsitu verbirgt, so wird er selbst bei oberflächlicher Recherche schnell zu der Erkenntnis kommen, dass es sich dabei um das Frühstadium eines Tumors ohne invasives Wachstum und ohne Metastasierungstendenz handelt, mithin um eine Tumorform, die nicht unter den Begriff ´Krebs´ im Sinne von Satz 1 fällt.

Die von der Klägerin für denkbar gehaltene Auslegung, bei Nichtbestehen einer HIVInfektion reiche ein Carcinoma in situ zum Nachweis einer schweren Krankheit aus, kommt bei verständiger Würdigung nicht ernsthaft in Betracht. Rein grammatikalisch betrachtet ist es zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich der Passus ´bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion´ auf beide vorangehenden durch ein ´und´ verknüpften Substantive beziehen. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung ergibt sich aber aus dem Sinnzusammenhang zwanglos, dass sich der in Satz 4 enthaltene Ausschluss des Versicherungsschutzes ´bei gleichzeitig bestehender HIVInfektion´ nur auf in Satz 1 generell eingeschlossene Tumore bezieht, was bei Carcinomainsitu nicht der Fall ist. Deren Erwähnung in Satz 4 dient erkennbar nur der Klarstellung, um Auseinandersetzungen in diesen zahlenmäßig nicht unbedeutenden Fällen zu vermeiden.

2) Ohne Erfolg rügt die Klägerin auch, dass die beanstandete Klausel überraschend und damit nach § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam sei. Überraschenden Charakter im Sinne dieser Vorschrift hat eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Versicherungsnehmers deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht, der Klausel mithin ein Überrumpelungseffekt innewohnt (BGH NJWRR 2004, 780, 781. 1397, 1398), was sich regelmäßig unter Anlegung eines generellen Maßstabs nach der Erkenntnismöglichkeit des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden richtet (BGH, NJW 1995, 2637, 2638).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die Klägerin durfte nach Lage der Dinge bei Vertragsabschluss nicht darauf vertrauen, gegen Erkrankungen jeglicher Art versichert zu sein, die in der Laiensprache als ´Krebs´ bezeichnet werden. Sie kann sich deshalb nicht erfolgreich darauf berufen, sie habe nicht damit rechnen müssen, dass das Kleingedruckte ihre Erkrankung mangels Metastasierungstendenz vom Versicherungsschutz ausschließt.

Wie bereits das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, können Verträge der streitgegenständlichen Art über den Ein oder Ausschluss bestimmter Krankheiten ohne die genaue Definition der jeweiligen Krankheiten überhaupt nicht sinnvoll ausgestaltet werden. Insbesondere kann für die Bestimmung des konkreten Versicherungsumfangs nicht etwa auf den allgemeinen Sprachgebrauch abgestellt werden, sondern zur sachgerechten Beurteilung ist es erforderlich, auf die jeweils maßgebliche Definition im medizinischen Sinn zurückzugreifen. Dies muss umso mehr gelten, als der medizinische Laie regelmäßig nur recht vage Vorstellungen über die jeweilig betroffenen Krankheitsbilder haben dürfte. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird daher von vornherein damit rechnen, dass sich in den AVB zunächst als primäre Leistungsbegrenzung die Definitionen der Krankheiten finden, für die das Leistungsversprechen des Versicherers grundsätzlich gelten soll. Ebenso wird er damit rechnen, dass sich als sekundäre Risikobegrenzung Ausschlüsse für bestimmte Konstellationen finden, wie es auch hier der Fall ist. Auf die Geltung der AVB ´Schwere Krankheiten VVA´, die die Klägerin vor Antragstellung erhalten hat, ist bereits im Antragsformular hingewiesen worden. Im Versicherungsschein wird für die Krankheit ´Krebs´ ausdrücklich auf § 2 Ziffer 1 AVB hingewiesen. Die AVB sind übersichtlich aufgebaut. Bereits in § 2 finden sich unübersehbar die Definitionen der vom Versicherungsschutz erfassten Krankheiten. Von einer überraschenden Klausel kann nach alledem keine Rede sein. Anhaltspunkte dafür, dass hier etwa der Gang der Vertragsverhandlungen eine andere Erwartungshaltung gerechtfertigt hätte, sind nicht vorgetragen.

III.

Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert, war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.