Pflegezusatzversicherung einmal anders betrachtet

17. August 2013 in Pflegeversicherung

Das Thema Pflegezusatzversicherung rückt immer Stärker in den Fokus der Versicherungswirtschaft. Einige Versicherer haben auch sehr gute Ansätze. Zahlreiche Ratings und Testberichte widmen sich ebenfalls dem Thema.

Bei diesen Ratings und Tests gibt es zwei Ansätze:

  • Welche Leistungspunkte werden erfüllt?
  • Wie hoch ist der Beitrag im Verhältnis zur versicherten Leistung?

Offensichtlich gehen die Ersteller dieser Tests und Ratings von einer perfekten Welt aus. Man unterstellt ganz offensichtlich, dass viele positiv geregelte Leistungspunkte auch eine unproblematische Leistungserbringung garantieren. So abwegig ist diese Vermutung ja auch nicht, denn in nahezu allen anderen Sparten ist das auch so.

Wenn man sich nun aber einmal anschaut, wie manche Versicherer die Voraussetzungen für die Zahlung der Leistungen in den Versicherungsbedingungen regeln, dann kann einem schon angst und bange werden.

Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass ein Versicherungsunternehmen sich und das Versichertenkollektiv in gewisser Weise schützen muss. Insbesondere dann, wenn es sich um ein relativ kleines Versicherungsunternehmen handelt.
Aber mein Verständnis hört da auf, wo die Regelungen in Bereiche abgleiten, die im Ernstfall für die Versicherten, die eine Leistung beanspruchen, zu unüberbrückbaren Hindernissen führen könnten.

Vor diesem Hintergrund habe ich mir einmal exemplarisch Versicherungsbedingungen angesehen und stelle bemerkenswerte Regelungen, die Nachfrage beim Vorstand der Versicherung, die Antworten auf meine Nachfrage und meine kritischen Anmerkungen/Wertungen dazu vor (Hervorhebungen von mir):

Soweit die erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz durch den medizinischen Dienst im Pflegegutachten festgestellt wurde, aus dem Pflegebescheid Ihrer Krankenversicherung oder dem Pflegegutachten des medizinischen Dienstes aber die genaue Ursache der erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz nicht eindeutig hervorgeht, behalten wir uns vor, den Feststellungen des medizinischen Dienstes erst dann zu folgen, wenn ein fachärztliches Gutachten die genaue Ursache bestätigt. Die durch das Einholen des fachärztlichen Gutachtens entstehenden Kosten und Aufwendungen werden Ihnen von uns erstattet, soweit die Begutachtung in Deutschland erfolgt ist.

Frage:

Verstehe ich Sie richtig, dass Sie der Einstufung bei Demenz nicht vollständig der Einstufung des MDK folgen? Sie möchten die genaue Ursache der erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz nachgewiesen haben? Das heißt, dass der VN hier auf jeden Fall noch zusätzlich zur MDK-Einstufung fachärztlich untersucht werden muss?

Antwort:

Wir folgen ausschließlich dem Leistungsbescheid der Pflegekasse; ist dieser nicht aussagefähig, folgen wir dem Gutachten des MDK. Nur bei einem Anspruch aufgrund einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz holen wir ein fachärztliches Gutachten ein und dies auch nur dann, wenn die Gründe für eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz aus dem Gutachten nicht eindeutig hervorgeht, was ein eher theoretischer Fall ist.

Tatsächlich begrenzen wir unsere Leistungspflicht in der sogenannten Pflegestufe 0 auf die Demenz, geistige Behinderung oder psychische Erkrankungen. Die von Ihnen angesprochene Regelung soll dem Kunden eine Rechtssicherheit dahingehend geben, wie zu verfahren ist, wenn weder der Leistungsbescheid der Krankenkasse noch das Gutachten des MDK bzw. von MEDICPROOF aussagefähig sind, und begründete Zweifel an dem Grund der attestierten erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz bestehen. Es bedarf also keiner zusätzlichen Untersuchung im Regel-, sondern nur im Ausnahmefall.

Wertung:

Warum wird dann diesem „Ausnahmefall“ ein so breiter Raum in den Versicherungsbedingungen eingeräumt?

Die Versicherung zweifelt damit das SGB XI an, dass der MDK also nicht in der Lage ist, lt. den Paragraphen 45a und 45b SGB XI eine Einschränkung der Alltagskompetenz festzustellen.

Die Gründe (!!!!) kann zurzeit kein Arzt feststellen, weil keiner weiß, wie Demenz etc. entstehen, aber die Versicherung will es wissen, klar!

Es muss doch bitte ausreichen, die Einschränkung der Alltagskompetenz festzustellen und man dann einfach Hilfe bedarf

Definition Alltagskompetenz des MDK:

Alltagskompetenz

Unter Alltagskompetenz versteht man, dass ein Erwachsener die alltäglichen Aufgaben

innerhalb seiner Kultur selbständig und unabhängig in einer eigenverantwortlichen Weise

erfüllen kann.

Die „Eingeschränkte Alltagskompetenz“ hat der Gesetzgeber mit Einfügen des § 45a in das

SGB XI versucht zu präzisieren, um den seit dem 01.01.2002 „Berechtigten Personenkreis“

festzulegen: Betroffen sind Pflegebedürftige in häuslicher Pflege, bei denen neben dem

Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung ein

erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung gegeben ist. Dies sind

Pflegebedürftige der Pflegestufen I, II oder III mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, mit

geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, bei denen der Medizinische

Dienst der Krankenversicherung im Rahmen der Begutachtung nach § 18 SGB XI als Folge

der Krankheit oder Behinderung Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens

festgestellt hat, die dauerhaft zu einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz

geführt haben.

Für die Bewertung, ob die Einschränkung der Alltagskompetenz auf Dauer erheblich ist,

werden Bereiche aufgeführt wie z. B. Weglauftendenzen, Verkennen gefährlicher Situationen,

Unfähigkeit zur Kooperation oder Strukturierung des Tagesablaufs oder aber auch

anhaltende Zustände von Depression und Angst mit ihren Folgen.

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Sie haben uns den Eintritt des Versicherungsfalles anzuzeigen, sobald Sie von ihm Kenntnis erlangt haben. Wir sind nur dann zur Leistung verpflichtet, wenn Sie einen entsprechenden Antrag stellen und uns alle notwendigen Unterlagen zur Leistungsbeurteilung vorlegen. Hierzu zählen insbesondere das Gutachten des medizinischen Dienstes und der Pflegebescheid Ihrer Krankenversicherung.

Soweit es für die Beurteilung unserer Leistungspflicht erforderlich ist, kann es notwendig sein, dass Sie auf unser Verlangen die behandelnden Ärzte und die Angehörigen von Heilberufen, Ihre Krankenversicherung sowie Sozialversicherungsbehörden im erforderlichen Umfang widerruflich von deren Schweigepflicht, insbesondere hinsichtlich der Gesundheitsdaten befreien, sofern Sie uns die erforderlichen Angaben nicht selbst vorlegen können. Sollten Sie diese Obliegenheit nicht erfüllen, besteht die Gefahr, dass Sie eine Leistung erst nach Erfüllung der Obliegenheit erhalten.

Frage:

Es handelt sich also
nicht um eine abschließende Aufzählung? Der Kunde muss im Leistungsfall damit rechnen, immer neue Unterlagenanforderungen erfüllen zu müssen? Wozu benötigen Sie das Gutachten? Der Leistungsbescheid dokumentiert doch bereits die Einstufung. Und wann ist eine weitere Beurteilung der Leistungspflicht notwendig?
Wozu benötigen Sie diese Unterlagen?

Antwort:

Es ist nicht üblich, in Versicherungsbedingungen alle für eine Antragstellung im Einzelfall erforderlichen Unterlagen aufzulisten. Sie kennen vergleichbare Formulierungen auch aus dem Sachbereich, etwa der Unfall- oder Haftpflichtversicherung. Umgekehrt wäre es rechtsmissbräuchlich, wenn über eine solche Klausel Unterlagen quasi aus Prinzip angefordert werden würden, obwohl sie zur Leistungsbearbeitung nicht notwendig sind. Damit Sie verstehen, was wir meinen, will ich Ihnen einige Beispiele für zusätzliche Unterlagen nennen:

Wir leisten nur auf Antrag. Ein solcher muss also vorliegen.

Wir leisten nicht auf Antrag einer Person, die nicht identisch mit dem Anspruchsberechtigten ist und die ihre Legitimation nicht nachweisen kann, denn immerhin geht es um Geldzahlungen. Wir brauchen in diesen Fällen also eine Vollmacht.

• Wir sind die einzige Versicherung, die mit ihrer Pflegeversicherung weltweit leistet. Hier kann es unter Umständen angezeigt sein, dass bei unklarer Antragslage im Übrigen und einem Aufenthalt unseres Kunden im Ausland wir eine Lebendbescheinigung anfordern, auf jeden Fall aber ein das MDKIMEDICPROOF ersetzendes medizinisches Gutachten.

Was die Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht anbelangt, so handelt es sich um eine Standarderklärung, wie Sie diese in allen Bedingungen für Kranken- und Pflegeversicherungen finden. Im Übrigen bleibt es dem Versicherungsnehmer bzw. der versicherten Person unbenommen, die für die Leistungsbeurteilung notwendigen Informationen auch selbst zu beschaffen und vorzulegen.

Wertung:

Alles nur „Blabla“. Was hat der Verweis auf den Sachbereich mit Pflegezusatz zu tun?

Alles in allem keine Antwort auf meine Frage.

Hier hat die Marktbeobachtung wohl nicht funktioniert. Es gibt noch weitere Anbieter mit einem weltweiten Geltungsbereich / weltweiter Leistung!

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Sie haben uns zur Überprüfung das Fortbestehen eines festgestellten Versicherungsfalles nachzuweisen. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn der medizinische Dienst in angemessenen Abständen das weitere Bestehen der Pflegebedürftigkeit überprüft und bescheinigt.

Frage:

Das ist spannend. Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor? Der MDK führt keine Begutachtung durch, um das Fortbestehen der Pflegestufe zu überprüfen. Der halbjährlich durchzuführende Beratungseinsatz (Pflegeeinsatz) dient lediglich dazu, die ordnungsgemäße Pflege zu überprüfen. Dieser Einsatz wird auch nicht vom MDK, sondern von einem Pflegedienst durchgeführt. Aber wie gesagt wird hier nicht die Pflegebedürftigkeit überprüft.

Antwort:

Wie Sie wissen, können sich Pflegefälle über viele Jahre erstrecken. In zugegebenermaßen eher seltenen Fällen kann es zu einer Verbesserung der Situation kommen. Dies betrifft u.a. vorübergehende Pflegebedürftigkeiten nach einem Unfallereignis. Abgesehen davon ist es nicht so, dass wir vom Ableben eines Kunden gleichsam zwingend in Kenntnis gesetzt werden. Vor diesem Hintergrund brauchen wir immer wieder den Nachweis des festgestellten Versicherungsfalles.

Mit der Formulierung soll dem Kunden eine Erleichterung verschafft werden, um nicht neben einer Prüfung durch den MDKIMEDICPROOF noch einen weiteren Nachweis erbringen zu müssen.

Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob der MDK, wie Sie behaupten, keine Begutachtung zum Fortbestehen der Pflegestufe durchführt, was im übrigen in dieser generellen Form, beispielsweise in Fällen der befristeten Feststellung der Pflegebedürftigkeit

oder bei Hinzutreten weiterer die Einstufung in eine Pflegestufe beeinträchtigender Umstände, unzutreffend ist.

Wertung:

Der MDK kommt ausschließlich im Auftrag der Kranken- und Pflegekassen zur Begutachtung zum Pflegebedürftigen, und nicht, wenn ein privates VU das so möchte.

Im Falle einer befristeten Pflegebedürftigkeit endet die Pflegebedürftigkeit einfach zum festgelegten Ende. Sollte der Pflegebedürftige (!!!!) – und nicht die Pflegekasse und auch nicht das VU – der Meinung sein, er sei weiterhin pflegebedürftig, muss er selbst einen erneuten Antrag bei der Pflegekasse stellen.

Im Falle einer Höherstufung kommt auch der MDK zum Pflegebedürftigen, aber auch nur auf Antrag des Pflegebedürftigen, und nicht, wenn ein VU das meint. Und das VU hat ja wohl daran auch kein Interesse, höchstens an einer Runterstufung.

Und angemessen Abstände: was soll das sein? Willkür des VU?

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Allgemeine Antworten:

Wir hoffen, dass damit alle Zweifel an unserem Bedingungswerk ausgeräumt sind, und erlauben uns abschließend, auf die einschlägigen Bewertungen in Fachzeitschriften und durch unabhängige Ratings zu verweisen. In den nächsten Tagen wird ein weiteres Testergebnis bestätigen, dass
wir das beste Bedingungswerk und die beste Pflegeversicherung anbieten.

Bemerkung:

Schon amüsant. Von einschlägigen Regelungen reden, aber selber davon nur sehr rudimentär Ahnung zu haben.

Was nützt ein ansonsten gutes Bedingungswerk, wenn man im Nachgang die Hürde so hoch legt, dass der Kunde unter Umständen die ihm zustehenden Leistungen trotzdem nicht erhält?

Der letzte Satz zeugt von Ignoranz und Selbstgefälligkeit.

Bei der Bewertung einer Pflegezusatzversicherung sollte man die Bedingungen unbedingt bis zum Ende lesen. Man kann leider nicht davon ausgehen, dass alle Versicherer mit der Praxis des SGB XI vertraut sind.
Einen Versicherer, mit derart vielen Einschränkungen werde ich niemals meinen Kunden empfehlen. Der Tarif scheint mutmaßlich für die Testmatrix der Ratingagenturen und Hersteller von Vergleichsprogrammen optimiert zu sein. Wie oben erwähnt, werden die Hürden, die im Leistungsfall aufgebaut werden, dort nicht betrachtet.

Staatlich geförderte Pflege-Zusatzversicherung

9. April 2013 in Pflegeversicherung

Der PKV-Verband hat die Grundlagen zur staatlichen Pflege-Zusatzversicherung in einem kleinen animierten Filmchen aufbereitet.

Die Details sind von Versicherer zu Versicherer sehr unterschiedlich, auch wenn es feste Vorgaben gibt. Eine gute Übersicht (noch nicht vollständig!) über einige Leistungsunterschiede findet man auf dem 1A Verbraucherportal, erstellt in Zusammenarbeit mit Leonie Pfennig.

Zusätzlich zu den reinen Fördertarifen ohne Gesundheitsprüfung können Leistungserweiterungen gegen Gesundheitsprüfung hinzugewählt werden.

Ob sich eine geförderte Pflege-Zusatzversicherung (PflegeBahr) für Sie lohnt oder ob andere Varianten (ungeförderte Pflegezusatzversicherung, Pflegetagegeldversicherung oder Pflegerentenversicherung) für Sie in Betracht kommen, hängt u. a. von Ihrem Gesundheitszustand und dem persönlichen Absicherungsbedarf ab.

Was erwartet uns mit der „Pflege-Bahr“?

24. September 2012 in Pflegeversicherung

Eine häufige Kundenfrage der letzten Woche lautet:

„Soll ich mit dem Abschluss einer Pflegezusatzversicherung (Pflegetagegeldversicherung) nicht lieber warten, bis 2012 die staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung kommt?“

Aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll, bis 2013 zu warten, um eine Pflegetagegeld-Zusatzversicherung abzuschließen.

Bisher liegen zwar noch keine Beitragskalkulationen vor, da aber ein Kontrahierungszwang besteht, werden die Versicherer zum Risikoausgleich sehr wahrscheinlich deutlich höhere Beiträge kalkulieren. Zudem werden die Tarife als Unisextarife kalkuliert. Ob das für Männer die 5 EUR monatliche Förderung ausgleicht, darf zumindest bezweifelt werden.

Auch kann es gut sein, das die Versicherer bei den Versicherungsbedingungen schlechtere Regelungen für die „Pflege-Bahr“ einführen.

Eine Gesundheitsprüfung für ein Pflegetagegeld ist deutlich weniger streng, als z. B. bei einer stationären Zusatzversicherung.

Altverträge werden nach heutigem Stand der Dinge ebenfalls förderfähig sein, wenn Sie keinen Leistungsausschluss oder Risikozuschlag enthalten, mindestens 10 EUR monatlich kosten und mindestens 600 EUR Geldleistungen pro Monat absichern.

Nachfolgend genauere Information zur „Pflege-Bahr“ bzw. dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz.

Bundestag beschließt Pflegereform — Neuerungen ab 2013

Der Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz; Abruf-Nr. 122153) beschlossen. Das sind die fünf für Sie wesentlichen Punkte des Gesetzes in Kurzform.

Eckpunkte Pflegereform

„Pflege-Bahr“:

Wer privat mit einer Pflegetagegeldversicherung vorsorgt, erhält eine staatliche Zulage von fünf Euro pro Monat. Voraussetzung ist unter anderem die Vollendung des 18. Lebensjahres. Außerdem müssen zehn Euro im Monat als Mindestbetrag eingesetzt werden. Die Versicherer dürfen keinen Antragsteller aufgrund möglicher gesundheitlicher Risiken ablehnen; Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse sind nicht erlaubt.

Verbesserungen für Demenzkranke:

In der Stufe 0 erhalten Demenzkranke neben den heute schon beziehbaren 100 bzw. 200 Euro für zusätzliche Betreuungsleistungen erstmals Pflegegeld oder Pflegesachleistungen. In den Pflegestufen 1 und 2 wird der bisherige Betrag aufgestockt. Demenzkranke mit Pflegestufe 0 erhalten monatlich ein Pflegegeld von 120 Euro oder Pflegesachleistungen von bis zu 225 Euro. Demenzkranke in Pflegestufe I erhalten ein um 70 Euro auf 305 Euro erhöhtes Pflegegeld oder um 215 Euro auf bis zu 665 Euro erhöhte Pflegesachleistungen. Demenzkranke in Pflegestufe II erhalten ein um 85 Euro auf 525 Euro erhöhtes Pflegegeld oder um 150 Euro auf bis zu 1.250 Euro erhöhte Pflegesachleistungen.

Flexiblere Leistungen für Pflegende:

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können Leistungen der Pflegedienste für bestimmte Zeiträume wählen.

Verzögerungsgeld:

Treffen die Pflegekassen Begutachtungsentscheidungen nicht fristgerecht, müssen sie künftig dem Antragsteller für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 Euro als erste Versorgungsleistung zahlen.

Beitragserhöhung:

Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung steigt ab dem 1. Januar 2013 um 0,1 Punkte auf 2,05 Prozent, bei Kinderlosen auf 2,3 Prozent.

 

Bundesministerium für Gesundheit – Pressemitteilung

Berlin, 6. Juni 2012, Nr. 38

Erstmals staatliche Förderung für die private Pflegevorsorge

Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, dass es erstmals eine staatliche Förderung für eine private Pflegezusatzversicherung geben wird. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr zeigte sich mit dem Beschluss zufrieden: „Wir fördern die private Pflegevorsorge der Bürgerinnen und Bürger mit 60 Euro im Jahr. Diese Pflegevorsorge ist wichtig, weil die gesetzliche Pflegeversicherung immer nur einen Teil der Pflegekosten übernimmt. Eine private kapitalgedeckte Vorsorge ist deshalb eine notwendige und sinnvolle Ergänzung. Sie sorgt auch dafür, das die Pflegeversicherung demographiefest und stabil wird.“

Mit dem Beschluss werden die Grundlagen dafür geschaffen, dass die Finanzierung der Pflege in Deutschland um eine private Pflege-Vorsorgeförderung ergänzt und damit auf eine breitere Basis gestellt werden kann. Es wird eine zusätzliche Säule der Finanzierung geschaffen, indem die Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützt werden, eigenverantwortlich und kapitalgedeckt für den Fall der Pflegebedürftigkeit vorzusorgen.

Damit möglichst viele Menschen von der Förderung profitieren können, ist vorgesehen, dass unabhängig vom persönlichen Einkommen Versicherte der gesetzlichen Pflegeversicherung künftig eine Zulage in Höhe von 60 Euro jährlich zu ihrer Versicherungsprämie erhalten, wenn sie eine freiwillige, private Pflege-Zusatzversicherung abschließen, die bestimmte, gesetzlich vorgegebene Bedingungen erfüllt. Die Verwaltungs- und Abschlusskosten sollen begrenzt werden.

Bei der Versicherung muss es sich um eine sog. Pflege-Tagegeld-Versicherung handeln. Der Umfang des Versicherungsschutzes kann individuell bestimmt werden, wobei die untere Grenze durch den monatlichen Mindestbeitrag von 10 Euro gegeben ist und die obere Grenze maximal die doppelte Leistung der sozialen Pflegeversicherung umfassen darf.

Versicherungsunternehmen, die diese privaten Pflege-Zusatzversicherungen anbieten, dürfen Antragsteller nicht aufgrund gesundheitlicher Risiken ablehnen. Leistungsausschlüsse oder Risikozuschläge dürfen ebenfalls nicht vereinbart werden.

Das Bundeskabinett hat sogenannte Formulierungshilfen beschlossen, die nun den Fraktionen der Koalition zugeleitet und in das laufende Gesetzgebungsverfahren zum Pflegeneuausrichtungsgesetz eingebracht werden. Die Regelungen sollen am 1. Januar 2013 in Kraft treten.

Kinder haften für ihre Eltern

5. August 2011 in Pflegeversicherung

Sie haben richtig gelesen!

Wir alle kennen die Aussage, dass Eltern für ihre Kinder haften. Aber das gilt auch umgekehrt!

Der Hintergrund ist der stark steigende Anteil von „Kindern“, die für ihre pflegebedürftigen Eltern die Pflegekosten zahlen müssen.

Die ARD hat dazu einen sehr informativen Beitrag erstellt, der in der ARD-Mediathek abgerufen werden kann.

Bitte beachten Sie, dass man durch den Abschluss einer Pflegezusatzversicherung die hohen finanziellen Belastungen sehr gut absichern kann!

Wie funktioniert die Beantragung einer Pflegestufe?

29. Juni 2011 in Pflegeversicherung

Über die unterschiedlichen Pflegestufen habe ich ja schon viel geschrieben. Immer wieder werde ich aber gefragt, wie denn nun die Einstufung überhaupt zustande kommt:

Die Einstufung wird schriftlich per Antragsformular bei der Pflegekasse (entspricht in der Regel der Krankenkasse) beantragt, am besten per Einschreiben oder Einwurfeinschreiben. Es sollte auf jeden Fall sichergestellt werden, dass der Antrag auch wirklich bei der Pflegekasse eingegangen ist. Die Bearbeitungsfrist beträgt seit der letzten Pflegereform in 2008 fünf Wochen.

Von der Pflegekasse wird der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) beauftragt, bei den privat Kranken- und Pflegeversicherten kommt der Medic Proof. Der Gutachter meldet sich in der Regel schriftlich an. Die Angehörigen, die Pflegepersonen, der Pflegedienst sollten über den Termin informiert werden, damit sie beim Gutachtertermin mit anwesend sein können.

Der MDK-Termin findet in der häuslichen Pflegeumgebung statt. Die Pflegebedürftigkeit wird anhand eines Fragenkataloges mit Untersuchungen festgestellt. Der MDK erstellt ein Gutachten und reicht es bei der Pflegekasse ein. Die Pflegekasse trifft ihre Entscheidung auf Pflegeleistung auf der Grundlage des Gutachtens.

Der Pflegebedürftige soll mitwirken und unterstützen. Er ist im Wohnbereich zu untersuchen. Wenn kein Einverständnis des Antragstellers vorliegt, kann die Pflegekasse die Leistung verweigern. Die Pflegesituation soll nicht beschönigt, aber auch nicht übertrieben werden. Falls wesentliche Fakten der Pflegesituation nicht erfragt werden, sollten auf jeden Fall eigene Angaben gemacht werden, wie z.B. Informationen über den Gesundheitszustand, die behandelnden Ärzte, die Vorerkrankungen, Medikation. Wenn Krankenhausberichte vorhanden sind, sollten diese auch mit vorgelegt werden.

Befindet sich der Antragssteller im Krankenhaus, muss innerhalb einer Woche die Untersuchung im Krankenhaus stattfinden.

Inhalte des MDK-Gutachtens

  1. Hausarzt
  2. weitere Ärzte
  3. Hausbesuche ja/nein     wie oft?
  4. Praxisbesuche ja/nein    wie oft?
  5. Arzt-/KH-Berichte
  6. GdB: wie viel Prozent?
  7. Medikamente selbständig ja/nein
  8. Welche und wie oft?
  9. Hilfsmittel: welche?
  10. Pflegepersonen
  11. Pflegedienst ja/nein
  12. wie viele Zimmer?
  13. Bad pflegegerecht?
  14. Schwellen?
  15. Anamnese / Vorgeschichte, welche Diagnosen
  16. Reha?
  17. KG?

Allgemeinzustand

–       Gewicht

–       Größe

–       Haut

–       Ernährungszustand

–       Kleidung

Stütz- und Bewegungsapparat

–       Beweglichkeit der Arme

–       Kämmen der Haare

–       Schulter-/Nackengriff

–       Schürzengriff

–       Handkraft

–       Feinmotorik

–       Fingerspiel

–       Halte-/Greiffunktion

–       Faustschluss

Untere Extremitäten

–       Hüfte

–       Knie

–       WS

Allgemeines

–       Aufstehen / Zubettgehen

–       Sitzen

–       Stehen

–       vom Sitzen in den Stand

–       Positionswechsel im Bett

–       Gangbild (Gehhilfe)

–       Sturzangabe

–       Finger-Boden-Abstand

Inneres

–       innere Organe

–       Haut

–       Appetit-/Durstgefühl

–       Inkontinenz (Vorlagenwechsel)

–       Sehen

–       Hören

–       Demenz: persönlich, zeitlich, örtlich, situativ

–       Wahrnehmung für Hygiene

–       Antrieb

–       Tag-/Nachtrythmus

–       Soziale Bereiche

(K = keine Unterstützung, U = Unterstützung, T = Teilübernahme,

V = volle Übernahme, B = Beaufsichtigung, A = Anleitung)

Körperpflege

Ganzkörperwäsche

Teilwäsche Oberkörper

Teilwäsche Unterkörper

Teilwäsche Hände und Gesicht

Duschen

Baden

Zahnpflege

Kämmen

Rasieren

Wasserlassen

Stuhlgang

Richten der Bekleidung

Windelwechsel nach Wasserlassen

Windelwechsel nach Stuhlgang

Wechseln kleiner Vorlagen

Wechsel/Entleerung Urinbeutel/Toilettenstuhl

Wechsel/Entleerung Stomabeutel

Ernährung

Mundgerechte Zubereitung

Aufnahme der Nahrung: oral, Sondenkost

Mobilität

Aufstehen/Zubettgehen

Umlagern

Ankleiden gesamt (GK)

Ankleiden Ober-/Unterkörper (TK)

Entkleiden gesamt

Entkleiden Ober-/Unterkörper

Gehen

Stehen (Transfer zum Duschen/Baden)

Treppensteigen

Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung

Nächtlicher Grundpflegebedarf?

Bekomme ich auch eine Pflegestufe, wenn ich meinen Haushalt nicht mehr allein führen kann?

28. Juni 2011 in Pflegeversicherung

Um eine Pflegestufe zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Es reicht definitiv nicht aus, wenn man nicht mehr einkaufen kann und seine Fenster nicht mehr allein putzen kann. Das Hauptaugenmerk liegt im Bereich der Grundpflegetätigkeiten, wo der Pflegebedarf am größten sein muss.

Für die Pflegestufe 1 (erhebliche Pflegebedürftigkeit) muss mindestens 1 x täglich für 2 Verrichtungen aus den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und mehrfach wöchentlich Hauswirtschaftliche Versorgung Pflegebedarf bestehen. Die Grundpflegetätigkeiten müssen pro Tag mehr als 45 min. betragen, der Bedarf insgesamt mindestens 1,5 Std. im Tagesdurchschnitt.

Für die Pflegestufe 2 (Schwerpflegebedürftigkeit) muss mindestens 3 x täglich zu verschiedenen Zeiten aus den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und mehrfach wöchentlich Hauswirtschaftliche Versorgung Pflegebedarf bestehen. Die Grundpflegetätigkeiten müssen pro Tag mindestens 2 Std. betragen, der Bedarf insgesamt mindestens 3 Std. im Tagesdurchschnitt.

Bei der Pflegestufe 3 (Schwerstpflegebedürftigkeit) ist der Bedarf ist so groß, dass jederzeit eine Pflegeperson erreichbar sein muss, weil der Hilfebedarf Tag und Nacht anfällt. Die Grundpflegetätigkeiten müssen pro Tag mindestens 4 Std. betragen, der Bedarf insgesamt mindestens 5 Std. im Tagesdurchschnitt.

Dann gibt es noch den Härtefall. Hier gibt es einen außergewöhnlichen Bedarf rund um die Uhr, z.B. bei lebensbedrohlichen Krankheiten im Endstadium. Die Grundpflegetätigkeiten umfassen mindestens 7 Std. pro Tag, davon entfallen 2 Std. pro Nacht. Es werden mehrere Pflegepersonen benötigt.

Pflegeversicherung – Was sind Grundpflegetätigkeiten?

27. Juni 2011 in Pflegeversicherung

Zu den Grundpflegetätigkeiten gehören die Körperpflege, die Ernährung und die Mobilität. Diese drei Bereiche sind noch einmal untergliedert.

Zu der Körperpflege zählen das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, das Rasieren und die Darm-/Blasenentleerung.

Die Ernährung beinhaltet das mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und die Aufnahme der Nahrung.

Zu der Mobilität gehört das Aufstehen / Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, das Gehen / Stehen, das Treppen steigen und das Verlassen bzw. Wiederaufsuchen der Wohnung.

Nicht zu den Grundpflegetätigkeiten gehört die Hauswirtschaftliche Versorgung. Diese wird aber bei der Bedarfsermittlung mit heran gezogen. Dazu gehören folgende Bereiche: Einkaufen, Kochen, die Wohnungsreinigung, Spülen, Wechseln / Waschen der Kleidung und Heizen der Wohnung.

Wann ist man pflegebedürftig?

11. Juni 2011 in Pflegeversicherung

„Wenn man wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens für mindestens 6 Monate Hilfe bedarf.“ (SGB XI § 14)

Es geht hier lt. Pflegeversicherungsgesetz um die Feststellung der Häufigkeit des Pflegebedarfs und um den zeitlichen Mindestaufwand pro Tag bzw. in der Woche.

Folgende Krankheiten und Behinderungen zählen zu den Kriterien: Verluste, Lähmungen oder Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat, Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane, Störungen des zentralen Nervensystems, psychische Erkrankungen / geistige Behinderungen.

Auch zählen Gedächtnis- und Orientierungsstörungen dazu.

Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen sind in ihrer Alltagskompetenz erheblich eingeschränkt. Sie erhielten bis 01.07.2008 einen Betreuungsbetrag von bis zu 460,- Euro jährlich. Mit dem Inkrafttreten der Pflegereform im Jahr 2008 erhalten die Betroffenen mehr Geld, abhängig vom Betreuungsbedarf (bis zu 2.400,- Euro jährlich) (lt. SGB XI § 45b).

Warum sind die meisten Pflegebedürftigen in der Pflegestufe 1?

10. Juni 2011 in Pflegeversicherung

Auf die jeweiligen Pflegestufen entfallen (Stand 05/2008 per 31.12.2007)
Pflegestufe 1 = 59,2 %
Pflegestufe 2 = 31,4 %
Pflegestufe 3 =   9,4 %

Die Pflegestufe 1 ist meistens die erste Stufe, in die man eingestuft wird, wenn man altersbedingt bestimmte Verrichtungen des täglichen Lebens nicht mehr allein bewältigen kann. Je nach dem, ob die Pflegebedürftigkeit im Laufe der Zeit zunimmt, wird man in die höhere Pflegestufe eingestuft oder eben auch nicht. Es kann durchaus sein, dass man sein Leben lang in der Pflegestufe 1 verweilt, weil der Pflegebedarf nicht größer wird. Außerdem wissen viele Pflegebedürftige nicht, dass man einen Höherstufungsantrag bei der Pflegekasse stellen muss. Erst wenn dieser gestellt ist, kann der MDK kommen und eine eventuelle Höherstufung vornehmen.