Ermittlung der Versicherungssumme in der Hausratversicherung

27. Januar 2016 in Pressespiegel, Sonstige Versicherungssparten

Gestern hatte ich Ihnen einen TV-Beitrag aus der ZDF-Sendung WISO vom 25.01.2016 mit dem Titel „Hausratversicherungen – Versicherungsvermittler von der WISO-„Oma“ auf die Probe gestellt“ empfohlen.
Die „WISO-Oma“ wurde dabei mit einem Kopfhörer ausgestattet. Durch einen Versicherungsberater wurden ihr Fragen und Anmerkungen von einem Versicherungsberater zugeflüstert. Es ging dabei in erster Linie um die Ermittlung der bedarfsgerechten Versicherungssumme und um einige wenige Leistungsmerkmale.
Ich fand den Beitrag einerseits unterhaltend, andererseits aber auch ernüchternd. Offensichtlich ist es für viele Versicherungsvermittler nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln, eine bedarfsgerechte Versicherungssumme zu ermitteln. Diese Erfahrung muss ich leider auch immer wieder machen, wenn ich im Auftrag der IHK Berlin angehende Versicherungsvermittler bezüglich ihrer Sachkunde prüfe.
Dabei ist die Ermittlung der bedarfsgerechten Summe eigentlich gar nicht so schwer.

Wie kann man die korrekte Summe ermitteln?

Das mit Abstand beste Verfahren ist die genaue Bestandsaufnahme des gesamten Hausrats, also prinzipiell alle beweglichen Sachen innerhalb der Wohnung bzw. des Hauses inklusive Dachboden, Keller und ggfls. Nebengebäuden. Dabei sollten Wertsachen (z. B. Schmuck, Sammlungen, Urkunden etc.) Musikinstrumente, Fahrräder und hochwertige technische Geräte gesondert notiert werden.
Maßgeblich ist der so genannte Wiederbeschaffungswert, also der Wert den eine gleichartige Sache heute bei einer Neuanschaffung kosten würde.
Das ist zugegebener Maßen sehr aufwändig, führt jedoch bei akribischer Ausführung zu einer sehr exakten Ermittlung des Versicherungswertes.

Wertermittlungsrechner

Hilfsweise wird häufig eine pauschale Versicherungssumme gebildet. Die meisten Versicherer setzen dabei das Ergebnis aus der Multiplikation von Wohnfläche in m² * 650 EUR als pauschalen Versicherungswert an. Wird dieses Ergebnis als Versicherungssumme vereinbart, sprechen die Versicherer den so genannten Unterversicherungsverzicht aus. Hier lauern aber bereits die ersten Gefahren.
Natürlich ist der Betrag von 650 EUR je Quadratmeter Wohnfläche nur ein Durchschnittswert. In vielen Fällen mag das zwar ungefähr hinkommen, aber eben nicht immer. Der durch die Pauschale ermittelte Versicherungswert sollte also immer mit dem tatsächlichen Wert des Hausrats abgestimmt werden. Die Verantwortung dafür liegt beim Kunden. Der Versicherungsvermittler sollte dabei unterstützend tätig sein. Mindestens sollte dem Kunden erklärt werden, was alles zum Hausrat gehört. Die pauschal ermittelte Versicherungssumme kann übrigens nicht nur zu niedrig, sondern auch zu hoch sein. Wenn jemand z. B. in einer Wohnung mit einer Wohnfläche von 100 m² lebt, aber nur sehr spartanisch eingerichtet ist, kaum oder gar keine teuren Kleidungsstücke oder Schuhe, keine Wertsachen und kein Fahrrad besitzt, ist möglicherweise mit den pauschal ermittelten 65.000 EUR Versicherungssumme überversichert und zahlt damit auch zu hohe Beiträge.
Die zweite Gefahr liegt in dem irreführenden Begriff „Unterversicherungsverzicht“. Kaum ein Kunde versteht diesen Begriff richtig. Einige Versicherungsvermittler leider auch.

Was ist der Unterversicherungsverzicht?

Wenn man die vom Versicherer mindestens vorgegebene Versicherungssumme je Quadratmeter wählt, spricht der Versicherer den Unterversicherungsverzicht aus. Der Versicherer verzichtet im Schadenfall also darauf, Abzüge von den Erstattungssummen vorzunehmen, wenn die Versicherungssumme kleiner als der Versicherungswert ist und der Versicherte demnach auch zu geringe Beiträge zahlt.
Das ist jedoch kein Schutz bei einem Schäden, die die Versicherungssumme übersteigen. Ist bei einer Wohnung mit 100 m² Wohnfläche der Hausrat mit den pauschal ermittelten 65.000 EUR versichert, der Schaden beträgt aber 75.000 EUR, dann werden natürlich nur maximal 65.000 EUR versichert.
Lassen Sie sich von diesem Begriff also nicht irritieren!

Welche Abzüge kann der Versicherer bei einer zu geringen Versicherungssumme vornehmen?

Ist kein Unterversicherungsverzicht vereinbart, wird die Versicherung im Schadenfall nur quotal erstatten.
Das lässt sich anhand eines Beispiel gut erklären:

Die vom Versicherer geforderte Mindestversicherung für Vereinbarung des Unterversicherungsverzichts beträgt z. B. 65.000.
Der Kunde vereinbart jedoch nur eine Versicherungssumme von 50.000 EUR.
Der Wert des Hausrats beträgt 75.000 EUR.
Es ist ein versicherter Schaden in Höhe von 10.000 EUR eingetreten.

Soll nun vom Versicherer ein Schaden reguliert werden, wird die Versicherungsgesellschaft den Versicherungswert ermitteln. In unserem Beispiel sind das wie o. g. 75.000 EUR.
75.000 EUR entsprechen also 100%. Die Versicherungssumme in Höhe von 50.000 entspricht gerundet 66,7% des Versicherungswerts.
Die Erstattung des Versicherers beträgt dementsprechend 66,7% des Schadens (10.000 EUR), also nur 6.670 EUR. Der Kunde bleibt auf einem Schaden in Höhe von 3.330 EUR sitzen.
Wählen Sie die Versicherungssumme als niemals zu gering, nur um vielleicht einige wenige Euro Beitrag zu sparen.

Muss ich immer eine feste Versicherungssumme ermitteln?

neben den klassischen Tarifen, bei denen eine feste Versicherungssumme ermittelt wird, gibt es auch so genannte Wohnflächentarife. Der Kunde muss hier nur sehr genau nach den Berechnungsvorgaben des Versicherers (!) die Quadratmeterzahl seiner Wohnung angeben. Ist diese Angabe korrekt, erfolgt eine Erstattung im Schadenfall bis zu einer maximal festgelegten Höchstsumme, beispielsweise 250.000 EUR. Der Unterversicherungsverzicht gilt als vereinbart. Besondere Grenzen für Wertsachen, Sammlungen etc. müssen beachtet werden.
Im WISO-Beitrag schwingt Kritik an diesen Tarifen mit, weil die Versicherung den tatsächlichen Versicherungswert nicht prüfen könne.
Es wird geraten, den Hausrat sehr genau durch Fotos, Listen oder Anschaffungsbelege zu dokumentieren. Genau das sollte aber generell und unabhängig von der Tarifwahl erfolgen.
Denn nachweispflichtig ist im Schadenfall immer der Kunde!
Der Einwand ist also kein Einwand, der nur auf die Wohnflächentarife zutrifft.

Empfehlung

Ermitteln Sie den Wert des Hausrats so genau wie möglich.
Vereinbaren Sie eine dynamische Anpassung der Versicherungssumme.
Achten Sie auf eine Vorsorgeversicherung, damit neu angeschaffte Sachen bis zu nächsten Fälligkeit mitversichert sind.
Kontrollieren Sie regelmäßig, ob die vereinbarte Versicherungssumme noch ausreicht.