Vorsicht bei Bonusangeboten der Krankenkasse

5. September 2020 in GKV

Gesetzliche Krankenkassen versuchen sich seit einiger Zeit mit Bonusangeboten zu überbieten.
Manche Angebote sind sinnvoll, andere Angebote sind es nicht.
Ziel dieser Boni ist es vermutlich auch, Mitglieder von anderen Mitbewerbern abzuwerben.

Im Fitness-Studio meines Vertrauens ist mir kürzlich ein Plakat ins Auge gefallen.
Da ich mich keiner Urheberrechtsdiskussion aussetzen möchten, an dieser Stelle nur eine kurze Beschreibung und kein Foto:

Auf dem Plakat einer Krankenkasse wird ein erkennbar untrainierter Mann gezeigt.
Folgender Text ist zu sehen: „Fit²“ und „Wenn die Leistung stimmt gibt’s Kohle“.
Berufsbedingt hat mich dieses Plakat angesprochen und ich habe weiter gelesen.
„75 Euro Bonus pro Jahr für Ihr regelmäßiges Training“.

Die Krankenkasse zahlt dem Mitglied also einen Bonus von 75 Euro pro Jahr, wenn es nachweislich regelmäßig trainiert.
Der Nachweis kann z. B. durch eine Bestätigung des Fitness-Studios erfolgen.

Klingt gut, oder?
Wer möchte nicht 75 Euro pro Jahr geschenkt bekommen?

Neugierig wie ich bin, habe ich einfach einmal eine Berechnung durchgeführt.
Vorgabe: Arbeitnehmer*in, 2.000 Euro Bruttogehalt.
Fragestellung: Wie hoch ist der Krankenkassenbeitrag (Arbeitnehmeranteil) 
a) beim günstigsten Anbieter
b) bei einem Anbieter mit sinnvollen medizinischen Zusatzleistungen außerhalb eines Bonussystems
c) bei der mit dem Plakat werbenden Krankenkasse

Die Untersuchung bezieht sich auf Krankenkassen, die in Berlin geöffnet sind.

Ergebnis:
Beim günstigsten Anbieter beträgt der Arbeitnehmeranteil 149,90 Euro.
bei einem Anbieter mit sinnvollen medizinischen Zusatzleistungen beträgt der AN-Anteil 153,00 Euro.
Bei „unserer“ mit dem Plakat werbenden Krankenkassen beträgt der AN-Anteil 160,90 EUR.

Gegenüber dem günstigsten Anbieter zahlt man also 11,00 Euro mehr pro Monat.
Auf ein Jahr gerechnet folglich 132,00 Euro mehr pro Monat.
Selbst bei Berücksichtigung des Bonus i. H. v. 70,00 Euro sind das noch immer 62,00 Euro mehr,
als beim günstigsten Anbieter.

Bei einem höheren Gehalt fällt der absolute Beitragsunterschied natürlich noch höher aus.

Wie man unschwer erkennen kann, lohnt sich ein Krankenkassenwechsel wegen eines Bonus nicht unbedingt.
Zumindest nicht in diesem Beispiel.

Wenn Sie Beiträge und Zusatzleistungen verschiedener gesetzlicher Krankenkassen vergleichen möchten, sollten Sie sich nicht von Boni leiten lassen. Zumal diese Bonussysteme auch schnell wieder „verschwinden“ könnten.

Einen ausführlichen Vergleich zu Beiträgen, Leistungen und Hintergrundinformationen können Sie auf unserer

Serviceseite

durchführen.

 

 

 

Zusatzbeiträge in der GKV

26. Januar 2010 in GKV

Ein Gespräch mit Thorulf Müller, Geschäftsführer der KVProfi Office GmbH und Inhaber derKVProfi Consulting Thorulf Müller http://www.derKVProfi.de/

Thomas Kliem: Einige Krankenkassen haben jetzt die Karten auf den Tisch gelegt und Zusatzbeiträge angekündigt. Warum ist dieser Schritt nötig?

Thorulf Müller: Wer es nicht kapiert – hier noch mal ganz langsam – die Beiträge steigen, weil die Ausgaben steigen – und wer jammert – die Menschen, die die Kosten verursachen! Das sind Fehlentwicklungen, weil man die Beiträge künstlich gesenkt hat und damit den Menschen suggerierte, dass Krankheit nichts kostet! Tut sie ja auch nicht, wenn man die nicht behandelt!

Thomas Kliem: Welche weiteren Fehlentwicklungen gibt es aus Deiner Sicht noch?

Thorulf Müller: Die Bevölkerung altert rasant – die geburtenstarken Jahrgänge hatten bereits Bergfest und genießen die Zipperlein – zu hohe Stoffwechselwerte, Rückenschmerzen, Herz- und Kreislaufprobleme und Arthrose – da ist auch der erste Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht mehr weit!! Bei meinem Jahrgang ist das Problem die hohe Zahl potentiell Betroffener, das Anspruchsdenken und die reale Chance diese Schicksalsschläge zu überleben!

Thomas Kliem: Welcher Möglichkeiten gibt es, um die Beiträge nachhaltig auf einem für die GKV-Mitglieder erschwinglichem Niveau zu halten?

Thorulf Müller: Die Leistungen der Kassen müssen radikal gekürzt werden – weg mit Yoga und Nordic Walking, weg mit Bonus- und Wahltarifen, weg mit AU Bescheinigungen auf Kasse, weg mit Reiseimpfungen als Give Away (wer Reisen kann, kann eine Impfung auch selber zahlen), weg mit den Bratpfannen zur Kundenwerbung und den Behandlungen von Bagatellen, weg mit der freien Arztwahl, weg mit dem Werbeetat, Kasse ist Kasse und nicht „Gesundheitskasse“ oder „Unternehmen Leben“ und allem unnötigen Schnickschnack – machen wir aus den Kassen wieder Sozialkassen für bedürftige Menschen!

Thomas Kliem: Stichwort Privatisierung von Leistungen und Kopfprämie: Welche Leistungen könnten privatisiert werden und mit welchem Beitragsniveau könnte man rechnen?

Thorulf Müller: Zahnersatz, Kieferorthopädie, Zahnbehandlung, unfallbedingte und berufsbedingte Behandlungskosten und Krankengeld kann man als erstes privatisieren! Damit sind wir auch diese leidigen Berufsgenossenschaften und die daran hängenden Verwaltungskosten los. Hartz IV Ämter zahlen zukünftig kostendeckende Beiträge, Arbeitsämter auch – klar steigen dann da die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung, aber wir müssen mit diesen ständigen Quersubventionierungen aufhören – man muss sehen, was wo an Geld hinfließt, weil es dort auch abfließt! Da ist dann die Kopfprämie, die mathematisch noch bei 198 Euro liegen würde, ganz schnell auf weit unter 150 Euro abgesenkt! Und dann ist auch die Subventionierung der Beiträge, für die, die es nicht selbst aufbringen können, möglich!

Thomas Kliem: Ist denn die Kopfprämie nicht unsozial und unsolidarisch?

Thorulf Müller: Nein, diese Phrase von der Sekretärin und dem Chef, die dieselben Beiträge zahlen müssten, die ist doch Quatsch! Die haben den gleichen Leistungsanspruch und zahlen auch den gleichen Beitrag – ist bei der Privathaftpflicht doch auch so! Im Gegenteil – die derzeitige Beitragsbemessungsgrenze ist unsozial, weil die Gutverdiener relativ weniger zahlen, die beitragsfreie Familienversicherung ist unsolidarisch, weil sich Kleinverdiener doch gar nicht erlauben können, dass Mutter zuhause bleibt und die direkte Steuersubvention ist beides, weil dadurch auch die Beiträge der Gutverdiener sinken!!

Barmer GEK legt Arztreport 2010 vor

20. Januar 2010 in GKV

Die Barmer GEK hat am 19.01.2010 ihren Arztreport 2010 veröffentlicht. Der Bericht wertet u. a. die Anzahl der Arztkontakte, die Behandlungsrate und die häufigsten Diagnosen aus. Aber auch eine Statistik zur Dauer und Häufung von Arbeitsunfähigkeiten („Krankschreibungen“) an bestimmten Wochentagen und weitere interessante Zahlen und Statistiken werden veröffentlicht. Fazit: Die Deutschen nehmen weltweit die Spitzenposition bei den Arztbesuchen ein. Dafür beträgt die Dauer eines Arztbesuches im Durchschnitt auch nur wenige Minuten.

Den kompletten Report und interessante Grafiken können Sie auf den Internetseiten der Barmer GEK abrufen:
Arztreport 2010 Barmer GEK