Vor einigen Tagen erzählte mir eine Kundin ganz stolz, dass sie einen Anbieter gefunden habe, bei dem sie Investmentfonds kostenlos kaufen könne.
Die Information enthielt als Subtext den Vorwurf, warum ich sie denn nicht darauf hingewiesen habe.
Dazu sei gesagt, dass die Kundin bisher überhaupt keine Erfahrung mit der Geldanlage gesammelt hat. Lediglich ein Tagesgeldkonto ist vorhanden. Auch mache es ihr als Künstlerin angabegemäß keinen Spaß, sich mit Geld, Börse und Finanzen zu beschäftigen. Aber Sie habe nun einmal einen größeren Betrag, den sie langfristig anlegen möchte.
Genau aus diesem Grund war sie einige Wochen vorher wegen einer Erstberatung bei mir. Nach Risikoanalyse und ausführlicher Beratung über Chancen und Risiken von Investmentfonds kam dann als Idee eine Anlage in Investmentfonds (Aktien- und Rentenfonds) als Empfehlung von mir.
Nun steht es selbstverständlich jedem frei, auf eigene Faust sein Geld anzulegen. Genauso wie die Reparatur des eigenen Autos oder der Dachausbau des eigenen Einfamilienhauses nicht unter Strafe stehen.
Hilfreich ist es dabei allerdings, wenn man zumindest über gewisse Grundfertigkeiten und ein grundsätzliches Interesse an der Sache verfügt.
Aber wollen wir doch einmal betrachten, wie denn wirklich die Kosten beim Kauf eines Investmentfonds aussehen und was darüber hinaus noch beachtet werden sollte:
Welche Kosten entstehen beim Kauf und der Verwahrung von Investmentfonds generell?
Die meisten Anleger antworten auf Nachfrage hier sehr spontan mit dem Begriff „Ausgabeaufschlag“. Also dem Aufgeld, das beim Erwerb eines Investmentfonds von der Fondsgesellschaft auf den Inventarwert aufgeschlagen wird. Inventarwert zuzüglich Ausgabeaufschlag ergeben dann den Ausgabepreis. Der Aufschlag liegt im Durchschnitt bei Aktienfonds bei 5%. Ist der Inventarwert als zum Beispiel bei 60 EUR je Anteil, zahlt der Kunde im Normalfall 63 EUR je Anteil. Würde der Kunde die Anteile im selben Moment wieder an die Fondsgesellschaft zurückgeben, hätte er also sofort 5% Verlust (Kosten).
Die auf den „kostenlosen“ Vertrieb von Investmentfonds spezialisierten Anbieter erheben diesen Ausgabeaufschlag für eine bestimmte Anzahl von Investmentfonds nicht.
Aber sind das alles Kosten und kann man hier wirklich von einem „kostenlosen“ Kauf sprechen?
Bei dieser Fragestellung können Sie sich die Antwort sicher schon denken: Nein, das sind natürlich nicht alle Kosten!
Neben dem Ausgabeaufschlag fallen noch weitere Kosten auf Fondsebene an. Wir konzentrieren uns aus Gründen der Fairness ausschließlich auf die reinen Fonds- und Anlegerkosten, da eine Verwahrung ohne Depotgebühren (also das Entgelt der Bank für die „Verwahrung“ der Investmentfonds) häufig ohnehin möglich ist.
Und, sind Sie noch dabei und gespannt, welche Kosten entstehen?
In Ordnung, dann sehen wir uns einmal die Kosten eines aktiv gemanagten durchschnittlichen Aktienfonds genau an. Den Ausgabeaufschlag lassen wir natürlich unberücksichtigt.
Wichtig: Diese Kosten fallen jährlich und nicht etwa nur einmalig an und beziehen sich jeweils auf den Gesamtwert, den der Kunde an diesem Fonds hält.
Total Expense Ratio (TER): 1,60%
Transaktionskosten: 1,44%
Performancefee: 0,10%
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Gesamtkosten pro Jahr: 3,14%
Bei einem „kostenlosen“ Erwerb (gemeint ist hier der Verzicht auf den Ausgabeaufschlag!) sind also jährlich durchschnittlich 3,14% zu berappen.
Finden Sie, dass das der Definition von „kostenlos“ entspricht?
Und stellen Sie sich doch bitte einmal ganz ernsthaft die Frage, warum es einen Anbieter geben sollte, der seine Dienste kostenlos anbietet und woher dann die Kosten für den Geschäftsbetrieb wie z. B. Personalkosten, Miete, EDV, Buchprüferberichte etc. erwirtschaftet werden sollen!?
Bisher bin ich nur auf die Kosten eingegangen. Einen ganz wichtigen Punkt habe ich aber noch gar nicht beleuchtet. Die Anbieter von „kostenlosen“ Investmentfonds bieten keine Beratung an. Wer also, wie unser Künstlerin, keine Erfahrung, keine Ahnung und keine Lust hat, der muss hier sehr viel Glück haben, um den oder die richtige(n) Investmentfonds zu finden.
Gibt es eine Alternative zu den „kostenlosen“ Angeboten?
Ja, die gibt es, wenn auch nicht besonders häufig. Und im Normalfall eben nicht bei Banken, sondern bei bestimmten Beratern.
Natürlich hat der Kunde hier auch Kosten, auf die ich gleich eingehen werde.
Der Kunde erhält aber eine ausführliche Beratung bei der Anlageentscheidung und jederzeit zwischendurch, bei den meisten Beratern mindestens einmal jährlich auf Initiative des Beraters.
Gut, dann kommen wir jetzt einmal zu den Kosten und starten zum Vergleich mit den jährlichen Kosten.
Da es sich um so genannte „passiv gemanagte“ Investmentfonds handelt, also ohne „Glaskugeleffekt“, sind die Fondskosten sehr viel günstiger.
Wer sich für „passiv gemanagte“ Fonds interessiert – und das empfehle ich Ihnen natürlich – kann sich gerne meinen Beitrag
„Was hat Geldanlage mit Wissenschaft zu tun? Alles!“ durchlesen.
Total Expense Ratio (TER): 0,45%
Transaktionskosten: 0,01%
Performancefee: 0,00%
Gebühr für den Berater: 1,19%
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Gesamtkosten pro Jahr: 1,65%
Wenn Sie jetzt überrascht sind, dass Sie einen Beratungs- und Betreuungsservice und – wenn Sie den Artikel „Was hat Geldanlage mit Wissenschaft zu tun? Alles!“ gelesen haben – mit dem intelligenteren und risikoärmeren Anlagekonzept für nur etwas mehr als die Hälfte der Kosten der doch nicht so „kostenlosen“ Investmentfonds erhalten können, dann liegt das in der Natur der Sache, weil diese Möglichkeit noch nicht besonders weit verbreitet ist und selten angeboten wird.
Aber Sie wissen ja jetzt, dass es diese Möglichkeit gibt!
Wenn Sie bisher durchgehalten und aufmerksam gelesen haben, dann werden Sie sich nun fragen, welche weiteren Kosten anfallen.
Richtig, denn wir haben bisher ja nur die jährlichen Kosten betrachtet. Wobei ich der Meinung bin, dass die jährlichen Kosten viel spannender als die einmaligen Kosten sind.
Nehmen wir nur einmal an, dass ein Kunde konstant 100.000 EUR im Depot hält und das über einen Zeitraum von zehn Jahren. Dann reden wir hier über einen Vorteil in Höhe von 14.900 EUR.
Gut, jetzt kommen wir zu den einmaligen Kosten.
Bei den „kostenlosen“ Fonds fallen keine Ausgabeaufschläge an. Das hatten wir ja bereits betrachtet.
Ausgabeaufschläge fallen auch bei den passiv gemanagten Fonds die ich empfehle nicht an. Stattdessen fällt hier eine einmalige Einrichtungsgebühr an. Diese beträgt 2,50% des Anlagebetrags und wird vom Kunden direkt an den Berater gezahlt.
Nehmen wir auch hier wieder 100.000 EUR an, dann wären das also 2.500 EUR gegenüber 0 EUR beim „kostenlosen“ Anbieter.
Ziehen wir die 2.500 EUR von dem zuvor berechneten Vorteil in Höhe von 14.900 EUR ab, verbleibt für ein besseres Konzept noch ein Kostenvorteil von 12.400 EUR.
Und wenn die 100.000 EUR nur für fünf Jahre angelegt werden, reden wir immer noch über einen Vorteil gegenüber den „kostenlosen“ Anbietern in Höhe von 4.950 EUR.
Wenn Sie weniger als fünf Jahre anlegen wollen, sollten Sie von Investmentfonds die Finger lassen!
Fazit:
Seien Sie misstrauisch, wenn man Ihnen eine kostenlose Anlage anbietet!
Fragen Sie sich immer, ob es in unserem kapitalistisch organisierten Wirtschaftssystem tatsächlich möglich sein kann, dass Ihnen ein Unternehmen eine komplett kostenlose Leistung anbieten kann!
Achten Sie lieber auf Kostentransparenz!
Und lassen Sie sich bitte beraten!