Die privaten Pflegezusatztarife, die im Krankenversicherungsbereich angesiedelt sind, werden unterteilt in die Pflegetagegeld- und die Pflegekosten-Tarife.
Für mich nicht nachvollziehbar werden die Pflegekostentarife zurzeit leider recht stiefmütterlich behandelt. Vielen Vermittlern von Tarifen zur ergänzenden Pflegevorsorge fällt es offenbar leichter, ihren Kunden feste Zusatzbeträge in Gestalt von Pflegetagegeldern oder auch Pflegerenten „schmackhaft“ zu machen, mit denen dann im Pflegefall pflegerische Leistungen zugekauft werden können, wenn die Leistungen der Pflegepflichtversicherung nicht bzw. nicht mehr ausreichen, was ja nur all zu oft passiert.
Pflegekostentarife haben – dem Grunde nach – ihre Bestimmung darin, dem Versicherten die Inanspruchnahme professioneller Pflegeleistungen durch dafür ausgebildete Fachkräfte zu ermöglichen und somit die notwendige Qualität der Pflege sicher zu stellen und die Angehörigen des Pflegebedürftigen zu entlasten.
Was man bei diesen Tarifen – dem Namen nach – nicht erwarten würde ist, dass Leistungen bei Pflege durch Laien, d. h. Angehörige bzw. selbst beschaffte Pflegekräfte, die dafür keine spezielle Ausbildung haben und deshalb nicht gewerblich tätig sein dürfen, vorgesehen sind. Hier hat sich in der Vergangenheit einiges getan, denn alle Pflegekostentarife, die zurzeit auf dem Markt sind, bieten diesen Passus an.
Derartige Tarife sichern grundsätzlich – im Unterschied zu den Festbeträgen der Pflegetagegeld- oder Pflegerenten-Versicherungen – auch das leider nicht zu unterschätzende Risiko der stetig steigenden Kosten für Pflege mit ab. Sie passen sich an die steigenden Kosten im Pflegebereich einfach dadurch an, indem sie einen bestimmten prozentualen Teil der Kosten im ambulanten und stationären Bereich bezahlen. Dieser Prozentsatz bleibt über die Laufzeit gleich, egal, wie sich die Kosten beim Pflegedienst oder in den Pflegeheimen entwickeln. Das ist auch der große Unterschied zu den Pflegetagegeldern. Bei ihnen kann man natürlich flexibel einen bestimmten Betrag absichern, aber keiner weiß, ob dieser Betrag in der Zukunft im Leistungsfall ausreicht. Wer kann heute schon verlässlich sagen, wie viel an Pflegeleistung man in 20 oder 30 Jahren für 500 oder 1.000 € monatlich noch hinzukaufen kann.
Pflegekosten-Versicherungen und „Aufstockungs“-Tarife auf die schon heute zu niedrigen SGB-XI-Leistungen: Wo liegt der Unterschied bei den Pflegekosten-Tarifen?
Es gibt zwei Gruppen von Pflegekostenversicherungen: solche, die sich an den Sach- und Geldleistungen der Pflegepflichtversicherung orientieren und einen prozentualen, recht flexibel wählbaren Teil davon als zusätzliche Leistung absichern und solche, die sich an den tatsächlichen Pflegekosten im Fall der Pflegebedürftigkeit orientieren und diesen mit einem Selbstbehalt absichern.
Schauen wir uns das einmal genauer an.
Die erste angesprochene Gruppe sind die sogenannten „Aufstockungstarife“, d.h. sie zahlen im Fall der Fälle einen bestimmten Prozentsatz der Sach- und Geldleistungen der Pflegepflichtversicherung nach SGB XI oben drauf. Hierbei stellt sich natürlich die Frage, ob damit dem Anspruch eines Kostentarifes im Sinne einer Mitabsicherung des Risikos steigender Pflegekosten entsprochen wird. Wissen wir doch alle, dass die Pflegeleistungen nach SGB XI keine Komplettabsicherung darstellen, sondern nur eine Teil-Versorgung ist. Wir haben es bei solchen „Aufstockern“ also mit der Absicherung eines weiteren Teils von einem Teil der Kosten zu tun. Wird der Prozentsatz für eine zusätzliche Absicherung also zu niedrig angesetzt, dann verbleiben auch hier im Pflegefall „Restkosten“. Somit bleibt leider das Risiko steigender Pflegekosten doch beim Kunden. Insofern kann man die Bezeichnung „Pflegekosten-Versicherung“ bei diesen Tarifen als etwas irreführend betrachten, zumindest im Sinne eines nachhaltigen Versicherungsschutzes bezogen auf diese ständig steigenden Pflegekosten.
Hier finden sich die Tarife der ARAG, Continentalen, DKV und Gothaer wieder. Wie man sieht, tummeln sich in dem speziellen Bereich nicht sehr viele Anbieter.
Seit der Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung (SGB XI) 1995 haben sich die Kosten für einen Pflegeheimplatz zum Beispiel einfach mal verdoppelt. Kostete ein Heimplatz für die Pflegestufe 3 Mitte der 90er Jahre ca. 3.000 DM, sind es heute 3.000 Euro. Die Leistungen der Pflegepflichtversicherung haben sich aber keinesfalls entsprechend erhöht, sondern sind nur von max. 2.450 DM (1.253 €) bei Einführung des SGB XI im Jahre 1995 auf max. 1.550 € heute gestiegen. Das steht in keinem Verhältnis zu den ständig steigenden Pflegekosten. Im ambulanten Bereich sieht es nicht viel besser aus.
Auch die Pflegetagegeld-Versicherungen decken das Risiko steigender Pflegekosten von ihrem Ansatz her nicht ab. Man vereinbart einen bestimmten Tagessatz in der Hoffnung, dass dieser in 20-30-40 Jahren noch ausreicht, um sich auskömmliche Pflegeleistungen dazu kaufen zu können.
Die dort angebotenen Dynamisierungsmöglichkeiten gleichen zwar – sofern vom Versicherten auch regelmäßig wahrgenommen – den Kaufkraftverlust des Geldes aus, bieten aber keinen adäquaten Schutz für das außerdem bestehende, tendenziell zunehmende Risiko steigender Pflegekosten.
Kommen wir nun aber zu der zweiten Gruppe der Pflegekostentarife, der „echten“ Kostenversicherung. In dieser Gruppe befindet sich aktuell nur ein Tarif, der das dafür aber gut abbildet: der HUMANIS ZP13 der Mannheimer Krankenversicherung.
Was genau beinhaltet dieser Tarif?
Der Tarif übernimmt 80% von den Pflegekosten vor Abzug der Vorleistung der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung.
Als Beispiel: Ein Pflegeheimplatz in der Pflegestufe 3 kostet monatlich 3.000 Euro. Davon leistet der Tarif 80% = 2.400 Euro. Aus der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung erhält man 1.550 Euro, das macht eine Differenz in Höhe von 850 Euro. Diese 850 Euro erhält man von der Versicherung dazu, der Selbstbehalt beträgt 600 Euro.
Ersetzt werden nicht nur Aufwendungen für die Pflege, sondern auch für Unterkunft und Verpflegung einschließlich der Aufwendungen für in Rechnung gestellte Investitionskosten, Ausbildungszuschläge und Fahrtkosten zu und von der Pflegeeinrichtung mit einem Spezial-Krankenfahrzeug zu 80% (vor Abzug der Vorleistung der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung).
Es sind alle 3 Pflegestufen versichert.
Der HUMANIS ZP13 sieht aber auch Leistungen bei Laienpflege – durch Angehörige oder selbst beschaffte Pflegepersonen – vor. Hier werden die Geldzahlungen der Pflegepflichtversicherung verdoppelt.
Es sind keine Kostennachweise für die Laienpflege erforderlich (hier reicht die Vorlage des Leistungsbescheides der Pflegekasse aus). Die Kostennachweise werden lediglich bei der ambulanten professionellen Pflege und bei der stationären Unterbringung verlangt. Hier kann der Versicherer mit den zuständigen Pflegestellen vereinbaren, die Rechnungen direkt bei ihm einzureichen, damit der Pflegebedürftige damit nicht belastet wird.
Die Leistungen werden nach Einstufung lt. SGB XI erbracht. Hierfür wird die Einreichung des Leistungsbescheides der Pflegekasse akzeptiert.
Die Demenz-Leistungen (bei dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz) werden nach Einstufung lt. SGB XI durch den MDK erbracht und mehr als verdoppelt. Es muss kein zusätzlicher Facharzt zur Begutachtung aufgesucht werden.
Die Dynamisierungen werden wie folgt geregelt: es werden regelmäßige Anpassungen des Jahreshöchstbetrages an den Verbraucherpreisindex durchgeführt. Zurzeit beträgt der maximale Jahres-Höchstsatz 58.500 Euro, das sind 4.875 Euro monatlich.
Es gibt keine Warte- und Karenzzeiten, somit ist man ab Versicherungsbeginn sofort versichert.
Es werden Leistungen aufgrund von Suchterkrankungen erbracht.
Der Tarif beinhaltet die Beitragsbefreiung ab der Pflegestufe 3.
Welche Unterschiede gibt es zwischen diesen beiden Gruppen (betrachtet im Gegensatz zum Mannheimer-Kostentarif)?
Die „anderen“ verdoppeln einfach nur die staatlichen Leistungen. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeiten, verschiedene Tarifstufen, z.B. 10-200% oder 20-200%, abzusichern.
Es gibt nicht bei allen eine Demenzabsicherung.
Die Verpflegung im Pflegeheim, Investitionskosten etc. werden zum Teil nicht mit übernommen.
Die maximalen jährlichen Höchstsätze sind wesentlich geringer als bei HUMANIS ZP13, wo eine dynamische Jahreshöchstleistung definiert ist, die aktuell bei 58.500 € p.a. liegt und regelmäßig angepasst wird. Dabei folgt die Mannheimer der Erkenntnis, dass die Kosten für Pflege doppelt so schnell steigen wie die Lebenshaltungskosten.
Abschließend soll noch ein wichtiger Punkt nicht unerwähnt bleiben. Wie sieht es bei den Pflegekostentarifen aus, wenn die Inhalte des SGB XI vom Gesetzgeber geändert werden?
Die Mannheimer bietet das „Zukunftsversprechen“ an, welches fester Bestandteil des Versicherungsvertrages ist. Dem Versicherungsnehmer wird zugesichert, dass bei Gesetzesänderung reagiert und ein Nachfolgetarif angeboten wird. Bei ganz vielen Versicherungsunternehmen gibt es diese Regelung nicht. Sie ist auch ganz selten bei den Pflegetagegeldern zu finden.
Worin bestehen die Unterschiede zwischen den sehr guten Pflegetagegeld-Tarifen und dem Mannheimer Pflegekostentarif?
|
Pflegetagegeld-Tarif |
Pflegekosten-Tarif |
frei wählbarer Tages/Monatssatz |
ja, bis z.B. 150€ Tagessatz |
prozentuale Übernahme der Pflegekosten = 80% |
alle 3 Pflegestufen versicherbar |
ja |
ja |
Leistung bei Laienpflege, ambulant und stationär |
ja |
ja |
stationär wie ambulant oder höhere Leistungen |
ja |
ja |
SGB XI |
ja |
ja |
ADL-System |
nein |
nein |
Demenz-Leistungen |
ja, z.B. 30% der Pflegestufe 3 |
Verdoppelung der gesetzlichen Leistung |
freie Verwendung der Leistung |
ja |
nein / bei Laienpflege ja |
Kostennachweise erforderlich |
nein |
ja / nicht bei Laienpflege |
Anfangsbeitrag |
relativ niedrig |
relativ niedrig |
Leistung auch während stationärer Unterbringung in Krankenhäusern |
ja |
nein |
Versicherung von Neugeborenen |
ja |
ja |
Leistungen aufgrund von Sucht |
ja |
ja |
Beitragsanpassung (BAP) möglich |
ja |
ja |
stabile Beiträge |
nein |
nein |
steigende Leistungen durch |
Dynamik |
Anpassung an den Verbraucherpreisindex, 80%-Regelung |
Überschussverwendung |
zur Minderung von BAP |
zur Minderung von BAP |
Bildung von Rückkaufs-werten |
nein |
nein |
Todesfall-Leistung |
nein |
nein |
Einmal-Leistungen |
ja, x-fach des versicherten Tages-satzes |
nein |
Unterbrechung der Beitragszahlung |
möglich durch Anwartschaftsmodelle |
nein |
Warte-/Karenzzeiten |
nein |
nein |
Beitragsbefreiung im Leistungsfall |
ja, möglich schon ab Pflegestufe 1 |
ja, ab Pflegestufe 3 |
Geltungsbereich |
EWR,EU,Schweiz, auch weltweit möglich |
Deutschland, und nach Vorleistung PPV auch im Ausland |
Zusammenfassend kann man sagen, dass beide Varianten sich hauptsächlich darin unterscheiden, wie man sich gegen die finanzielle Lücke im Pflegebereich absichert.
Bei den Pflegetagegeldern legt man bei Vertragsabschluss eine bestimmte Summe (Tagesgeld) fest, die dann im Pflegefall ausreichen sollte. Hier kann man sich an den bisherigen statistischen Werten orientieren (was ein Pflegeheimplatz kostet und wie hoch die ambulanten Leistungen in den einzelnen Pflegestufen sind) und daraufhin entscheiden, welcher Betrag ausreichen würde.
Bei diesem Pflegekostentarif sichert man sich automatisch durch die Übernahme der anteiligen Pflegekosten gegen das Risiko steigender Pflegekosten ab.
FAZIT
Die Pflegekostentarife sind für Kunden interessant, die bei Pflegebedürftigkeit auf einen hochwertigen Zusatzschutz zurückgreifen möchten und in dieser Lage nicht dem familiären Umfeld zur Last fällen möchten oder können. Man sollte diesen Aspekt in der Kundenberatung immer mit ansprechen, damit der Kunde entscheiden kann, wie er sich gegen die „Kostenfalle“ im Pflegebereich absichern kann und ob er seine Pflege später einmal in professionelle Hände geben möchte. Der Mannheimer-Tarif ist vom Leistungsumfang her ungefähr gleichzusetzen mit einem sehr guten Pflegetagegeld-Tarif. Wenn man die Höhe der Beiträge vergleicht, befindet sich der Mannheimer-Tarif preislich auf dem Niveau eines Pflegetagegeldtarifes, in dem man ca. 80 bis 100 Euro Tagessatz versichert.
Über den Autor: Leonie Pfennig
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