Der Wahnsinn beginnt dieses Jahr bereits im Sommer!
Das waren meine ersten Gedanken, als ich folgende E-Mail las:
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
da schon einige PKV-Gesellschaften Beitragsgarantien zum 31.12.2012 bekanntgegeben haben und somit kein Wechsel bzw. Kündigung wegen Beitragsanpassung zum 01.01.2012 möglich ist, bieten wir Ihnen an Ihre Bestände zu selektieren und entsprechende Angebote bei Wechselwilligen bzw. bei nicht mehr zeitgemäßen Tarifen/Gesellschaften zu unterbreiten.
Sollten Sie an diesem Angebot Interesse haben, setzen Sie sich mit uns in Verbindung.
Die Gesellschaften nehmen bereits Anträge mit Beginn 01.01.2012 an
Was heißt das für Sie? Die Anträge können bereits jetzt schon aufgenommen und eingereicht werden. Sollten dann noch Rückfragen notwendig sein, gibt es keinerlei Zeitdruck und es kann in aller Ruhe im September fristgerecht zum Jahresende gekündigt werden.
Fazit:
Das Jahresendgeschäft beginnt dieses Jahr schon im Juli und wird zumindest was das KV-Geschäft betrifft zum Jahresende etwas entspannter.
Machen Sie von unserem Angebot regen Gebrauch.
Wir freuen uns auf Ihre Anfragen.
Was steckt dahinter?
Obwohl der Wechsel einer privaten Krankenversicherung (PKV) offiziell bei den Krankenversicherungsunternehmen unerwünscht ist, läuft jedes Jahr das gleiche Spiel. In meinen Augen unseriöse Versicherungsvermittler gehen in großem Stile auf arglose Verbraucher zu, um sie zum Wechsel der PKV zu überreden. Mir sind Vermittler bekannt, die das seit Jahren mit immer den selben Kunden machen.
Diese Vermittler nennen das „Jahresendgeschäft“.
Die Versicherungsbranche versteht darunter, zum Ende des Jahres noch einmal (zusätzliches) Geschäft zu machen. Daran ist grundsätzlich natürlich nichts zu beanstanden. Man sollte sich allerdings – hier bezogen auf das Thema Wechsel der privaten Krankenversicherung (PKV) – die ganze Sache einmal näher ansehen.
Viele PKV-Tarife können zum 31.12. des Jahres ordentlich vom Versicherungsnehmer gekündigt werden. Dabei ist eine Kündigungsfrist von drei Monaten einzuhalten. Die Kündigung des Kunden muss also bis spätestens 30.09. beim Versicherer vorliegen.
Zusätzlich zum ordentlichen Kündigungsrecht besteht die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung im Falle einer Beitragserhöhung. Die Kündigung muss innerhalb eines Monats nach Zugang der Erhöhungsmitteilung erfolgen. Erreicht den Kunden die Erhöhungsmitteilung nicht, besteht eine weitere Frist von einem Monat ab Kenntnis der Erhöhung (also wenn der Versicherer im Januar den erhöhten Beitrag vom Konto einzieht).
Was hat das nun mit dem „Jahresendgeschäft“ zu tun und was bedeutet das für die Versicherten?
Leider gibt es nach wie vor eine Nennenswerte Anzahl von Versicherungsvermittlern, die Ihren Lebensunterhalt aus dem „Wechselgeschäft“ generieren. Mit dem immer gleichen Argument, dass man nun „ordentlich“ Beiträge sparen könne, werden die gutgläubigen Kunden wegen eines Wechsels der PKV angesprochen.
Dabei wird regelmäßig die Beitragserhöhung des bestehenden Tarifs als Aufhänger genutzt. Gerne werden dann Tarife mit einer so genannten Beitragsgarantie für eine bestimmte Anzahl von Monaten angepriesen. Weil nur sehr wenige Leistungskriterien „verglichen“ werden, findet sich natürlich auch immer schnell eine passende Alternative zum bestehenden Tarif des Kunden.
Ich warne an dieser Stelle ausdrücklich davor, auf diese Masche hereinzufallen.
Natürlich ist es immer reizvoll, Geld zu sparen. Aber welche Konsequenzen gehen damit einher?
Zunächst einmal muss klar sein, dass jeder Tarif im Laufe der Jahre angepasst werden muss. Die Kostensteigerung im medizinischen Bereich in Kombination mit den Leistungszusagen des Versicherers machen das unumgänglich.
Wenn das Motiv für eine Versicherung in der PKV eine Beitragsersparnis gegenüber der GKV gewesen sein sollte, vergessen Sie dieses Ansinnen bitte gleich wieder. Das klappt heute und morgen, aber spätestens im Alter werden viele Kunden einen höheren Beitrag entrichten, als wenn sie in der GKV geblieben wären. Im Idealfall sollte also die aktuelle Beitragsersparnis zurück gelegt werden, damit Sie aus den Erträgen dieser Anlage später die höheren Beiträge finanzieren können und die Vorteile der PKV weiterhin nutzen und bezahlen können. Keine Ersparnis heute, dafür langfristig gesicherte Finanzierbarkeit!
Es sollte auch beachtet werden, dass der Wechsel der PKV zu weitreichenden Konsequenzen führt:
Zunächst einmal muss sich der Kunde einer erneuten Gesundheitsprüfung unterziehen. Das bedeutet, Fragen zum Gesundheitszustand müssen zutreffend beantwortet werden. Das führt zum Problem möglicher Falschangaben, die dem neuen Versicherer ein Rücktrittsrecht (drei Jahre) oder Anfechtungsrecht (10 Jahre) einräumen. Oder ein Wechsel wird wegen vorliegender Erkrankungen erschwert (Risikozuschlag) oder gar unmöglich.
Wenn der Vertrag vor dem 01.01.2009 abgeschlossen wurde, erfolgt ein Verlust der gebildeten Alterungsrückstellungen. Die Tarife der so genannten „Neuen Welt“ (Abschluss ab 01.01.2009) beinhalten regelmäßig einen Beitragszuschlag für die Bildung eines Übertragungswertes, den der Versicherte dann beim Wechsel zum neuen Anbieter portieren kann. Dieser Zuschlag erhöht die Prämie gegenüber dem Alttarif. Beim Wechsel von der „Alten Welt“ in die „Neue Welt“ verliert der Kunde das Recht, später in den Standardtarif zu wechseln. Lediglich ein Wechsel in den Basistarif ist dann noch möglich.
Rat/Fazit:
Ein Wechsel der PKV sollte keinesfalls nur wegen eines vermeidlich preiswerteren Angebots vollzogen werden. Beim Wechsel sollten die o. g. Konsequenzen ausführliche mit einem Vermittler/Berater besprochen und berücksichtigt werden.
Ein Wechsel kann sinnvoll sein, wenn sich der Kunde ursprünglich für einen nicht bedarfsgerechten Tarif entschieden hat oder sich die Lebensumstände derart verändert haben, dass nunmehr ein Tarif oder Anbieterwechsel indiziert ist.
Ein Wechsel der PKV kann unter Umständen auch innerhalb der selben Versicherung (Tarifwechsel) sinnvoll sein.
Über den Autor: Thomas Kliem
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