Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erkranken, sind sie in Deutschland durch umfassende Regelungen wie die Lohnfortzahlung und das Krankengeld abgesichert. Doch besonders bei längeren Krankheitszeiten können finanzielle Einbußen entstehen. Dieser Beitrag erklärt die gesetzlichen Grundlagen, die Berechnung des Krankengeldes und wie sich die Krankengeldlücke auswirkt.
Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber: Die ersten 6 Wochen
Bei einer Arbeitsunfähigkeit erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunächst für bis zu sechs Wochen eine Lohnfortzahlung in voller Höhe ihres Bruttogehalts. Diese Leistung ist in §3 EntgFG geregelt und dient der finanziellen Sicherheit in der ersten Krankheitsphase. Diese Regelung gilt unabhängig von der Art der Erkrankung.
Nach Ablauf der sechs Wochen endet die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung des Gehalts, und die Krankenkasse übernimmt mit der Zahlung des Krankengeldes.
Krankengeld: Höhe und Berechnung
Nach den ersten sechs Wochen tritt die gesetzliche Krankenversicherung ein. Das Krankengeld beträgt:
- 70 % des Bruttoeinkommens, maximal jedoch 90 % des Nettoeinkommens.
- Ab dem 1. Januar 2025 liegt der Höchstbetrag bei 128,63 Euro pro Tag.
Um die Krankengeldlücke zu berechnen, wird das vorherige Nettoeinkommen mit dem gezahlten Krankengeld verglichen. Von der Differenz müssen zudem Sozialversicherungsbeiträge (Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung) abgezogen werden. Diese werden anteilig weiterhin aus dem Krankengeld entrichtet. Für die Krankenversicherung fallen keine Beiträge an.
Nicht nur in diesem Zusammenhang ist die neue Beitragsregelung in der Pflegeversicherung zum 01.01.2025 sehr interessant.
Ich darf an dieser Stelle auf eine sehr gute Zusammenstellung der Techniker Krankenkasse verweisen:
Der Pflegeversicherungsbeitrag ab 1. Januar 2025.
Rechenbeispiel: Die Krankengeldlücke
Ausgangsdaten:
- Bruttoeinkommen: 3.500 € pro Monat
- Nettoeinkommen: 2.300 € pro Monat
- Krankengeld: 70 % vom Brutto = 2.450 €, maximal 90 % vom Netto = 2.070 €
Berechnung der Lücke:
- Das monatliche Krankengeld (nach Abzug der Beiträge zur Sozialversicherung) beträgt etwa 1.950 €.
- Die Differenz zum vorherigen Nettoeinkommen liegt bei 350 € monatlich.
- Über die maximale Dauer des Krankengeldbezugs (72 Wochen nach Lohnfortzahlung) summiert sich die Einkommenslücke erheblich.
Wichtig: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten ihre finanzielle Situation frühzeitig prüfen.
Mit Hilfe dieser Excel-Datei können Sie Ihre individuelle Lücke berechnen.
Dauer und Begrenzung des Krankengeldes
- Das Krankengeld wird für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Erkrankung gezahlt.
- Davon werden die ersten sechs Wochen der Lohnfortzahlung angerechnet, sodass Krankengeld für 72 Wochen beansprucht werden kann.
Wird ein Arbeitnehmer nach Ablauf dieser Zeit weiterhin arbeitsunfähig, endet die Krankengeldzahlung.
Aktuelle Reformdiskussionen zur Lohnfortzahlung
In der politischen Diskussion steht unter anderem die Einführung von Karenztagen, wie sie in anderen Ländern üblich sind. Dabei würde für die ersten Krankheitstage keine Lohnfortzahlung erfolgen.
Befürworter argumentieren, dass dies die Eigenverantwortung der Beschäftigten stärken würde. Kritiker hingegen warnen vor sozialen Ungerechtigkeiten und gesundheitlichen Risiken, da sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus finanziellen Gründen krank zur Arbeit schleppen könnten.
Wie sich Arbeitnehmer vorbereiten können
- Zusatzversicherungen: Private Krankentagegeldversicherungen können die Einkommenslücke schließen.
- Rücklagenbildung: Ein Notgroschen hilft, finanzielle Engpässe zu überbrücken.
- Arbeitsvertrag prüfen: Manche Arbeitgeber bieten freiwillige Zuschüsse zum Krankengeld oder haben tarifvertragliche Regelungen.
Fazit
Die finanzielle Absicherung bei einer Krankschreibung ist in Deutschland gut geregelt. Dennoch können längere Krankheitsphasen eine erhebliche Einkommenslücke verursachen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich über ihre individuellen Ansprüche informieren und gegebenenfalls vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Angesichts der laufenden politischen Diskussionen ist es wichtig, Änderungen der Regelungen aufmerksam zu verfolgen.
Über den Autor: Thomas Kliem
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